Roman Knecht, Geschäftsführer Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft. (Foto: zvg)
von Robert Jakob
Moneycab.com: Herr Knecht, Ihre Kursschiffe befördern pro Jahr weit über anderthalb Millionen Menschen über den Zürichsee. Wird dieser Beitrag für den Schweizer Tourismus ausreichend gewürdigt?
Roman Knecht: Es freut uns, wenn unsere Fahrgäste mit uns und unserem Angebot zufrieden sind und die Auslastung der Schiffe gut ist. Die überwiegende Mehrheit unserer Fahrgäste stammt aus der näheren Umgebung des Sees und der Stadt Zürich. Und diesen Sommer würdigt uns ja sogar Petrus.
Ihre Kursschiffe verbrauchen über eine Million Liter Treibstoff pro Jahr. Werden die weiter sehr tiefen Spritpreise und das gute Wetter im 2015 für einen Rekordgewinn sorgen?
Die Treibstoffkosten machen nur 9% der Gesamtkosten aus. Tiefe Treibstoffkosten wirken sich daher nicht alleine auf ein gutes Ergebnis aus.
Ihre Schiffe müssen ständig auf den neusten technischen Stand gebracht werden. Nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch aus Gründen des Marketings. Wie sehr geht das handkehrum ins Geld?
Die Instandhaltungskosten sind stark abhängig von den geplanten Um- und Sanierungsprojekten. Die Kosten dafür variieren in unserer Gesellschaft zwischen 3 und 5 Mio Franken jährlich.
Ich nehme an, am teuersten ist der Einbau eines neuen Motors, wie jetzt bei den Motorschiffen Albis, Pfannenstiel und Uetliberg geschehen?
Neumotorisierungen waren bisher am teuersten. Die für diesen Winter geplante Renovation vom MS Linth ist jedoch knapp vier Mal teurer als ein neuer Motor vom MS Albis.
Es droht die Anpassung der schweizerischen Schiffbauvorschriften an das EU-Recht. Welche bürokratischen „Hämmer“ kann das bringen?
Die Entwicklung geht in Richtung risikoorientierter Sicherheitsaufsicht. Das generiert bei den einzelnen Schifffahrtsunternehmen einen zusätzlichen finanziellen und organisatorischen Mehraufwand, den die Besteller so wohl nicht mitfinanzieren wollen. Das BAV wird sich in Zukunft vermehrt auf Gutachten und Zertifikate von unabhängigen Sachverständigen abstützen. Diese Praxis gibt es bereits heute, wenn auch in einer sehr reduzierten Form etwa als Starkstrominspektion und Gasprüfung.
«In unserem Direktverkauf wickeln wir mittlerweile schon fast jede zweite Reservation online ab.»
Roman Knecht, Geschäftsführer Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft
Betrifft Sie eigentlich auch die unsägliche Diskussion über die Zwangsruhepausen für Fahrpersonal?
Die Pausenregelungen gemäss Arbeitszeitgesetz sind bei den Mitarbeitenden nicht beliebt. Sie sorgen für lange Dienste und weniger effektive Arbeitszeiten.
Wieviel Prozent Ihres Ticketverkaufs geht denn mittlerweile online?
Wir haben kein komplettes Bild, da wir voll integriert in den Zürcher Verkehrsverbund ZVV sind. ZVV-Billette sind auch auf dem Schiff gültig. In unserem Direktverkauf wickeln wir mittlerweile schon fast jede zweite Reservation online ab.
Wie gut läuft denn die Vermarktung von Werbeflächen auf Ihren Schiffen?
Wir halten das bewusst tief.
Für 2780 Franken ab drei Stunden kann man eines der Motorschiffe auch für Events mieten, inklusive Personal. Wie sieht denn die Auslastung der deutlich teureren Dampfschiffe im Vergleich dazu aus?
Die Auslastung der Dampfschiffe für Extrafahrten ist tief. Wir wollen Dampfschifffahrten auch primär der Allgemeinheit möglich machen.
«Der Werftbetrieb ist eine wichtige Grundvoraussetzung für den Unterhalt unserer Schiffe.»
Ich nehme an, Ihre Werft wird auch eher selten als Eventhalle vermietet…
Es gibt Nutzungsauflagen der Stadt, die wir einhalten müssen. Wir haben im Sommer eine langjährige Partnerschaft mit dem Theaterspektakel der Stadt und einige weitere Buchungen für Anlässe. Im Winter benötigen wir die Halle für eigene Zwecke.
Die eigene Werft erlaubt es Ihnen bestimmt, sehr viel Geld zu sparen, oder?
Der Werftbetrieb ist eine wichtige Grundvoraussetzung für den Unterhalt unserer Schiffe. Wir können dadurch unser Fahrpersonal ganzjährig beschäftigen und den Unterhalt an unseren Schiffen selber bewerkstelligen.
Welches ist der beste Tipp, den Sie als neuer „Kapitän“ von Ihrem Vorgänger Hans Dietrich erhalten haben?
Das war ein sehr persönlicher Tipp, den ich lieber für mich behalte.
Zur Person:
Roman Knecht, geboren am 23.1.1974 hat mit seiner Partnerin zwei Kinder und lebt in Winterthur. Bevor er in einem langen Auswahlverfahren auf 1. März 2015 zum Chef der Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft gekürt wurde, war er zwei Jahrzehnte bei der Bahn. Dort leitete er seit 2010 beim SBB-Verkehrsmanagement der Division Personenverkehr die strategische und operative Entwicklung. Seine SBB-Laufbahn begann er als Bahnbetriebsdisponent. Anschliessend spezialisierte er sich im Vertrieb in verschiedenen Funktionen in Zürich, bevor er 2004 die Einnahmensicherung und die Stichprobenkontrolle der SBB weiterentwickelte.
Zum Unternehmen:
Die Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft (ZSG) wurde im Jahre 1890/91 unter dem Namen Zürcher Dampfbootgesellschaft gegründet. Seit 1957 heisst das Unternehmen Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft und ist heute eine Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von CHF 11 Millionen. aufgeteilt in 110’000 Inhaberaktien à CHF 100.-, welche otc bei der Zürcher Kantonalbank gehandelt werden können. 2/3 des Aktienkapitals liegt im Besitz der öffentlichen Hand und 1/3 im Privatbesitz. Jeweils Ende Juni findet die Generalversammlung für alle Aktionäre statt. Seit dem 27. Mai 1990 ist die ZSG als einzige Schifffahrtsgesellschaft komplett in den Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) mit seinem Zonentarifsystem integriert.