RBS-CEO Stephen Hester.
Edinburgh – Altlasten halten die grösstenteils verstaatlichte britische Grossbank Royal Bank of Scotland (RBS ) in den roten Zahlen. Das Unternehmen legte weitere 400 Millionen Pfund für falsch beratene Kunden zurück, wie es am Freitag mitteilte. Zudem steht die nächste Sonderbelastung schon kurz bevor. Wegen ihrer Verwicklung in den Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze rechnet das Unternehmen nach eigenen Angaben demnächst mit einer Bestrafung durch die Aufsichtsbehörden.
Im dritten Quartal stand unter dem Strich ein Fehlbetrag von rund 1,4 Milliarden Pfund (1,74 Mrd Euro). Dies ist das vierte Verlustquartal in Folge. Ein Loch rissen die Schadenersatzansprüche von mit Kreditausfallversicherungen falsch beratenen Kunden. Der Fall, der die ganze britische Bankenbranche trifft, hat die RBS nun schon 1,7 Milliarden Pfund gekostet. Weitere Belastungen schloss die Bank nicht aus.
Neubewertung eigener Schulden belastet
Zudem drückte wie bei vielen Grossbanken die Neubewertung eigener Schulden auf das Ergebnis. Dieser Effekt wirkt sich in besseren Zeiten für die Banken negativ aus, in schlechteren wie vor einem Jahr schönt er die Bilanz. Bei der RBS führte die Neubewertung nun zu einer Belastung von 1,5 Milliarden Pfund. Operativ lief es für die Bank nämlich zuletzt besser: Um die Sondereffekte bereinigt, wies die RBS im dritten Quartal einen operativen Gewinn von gut einer Milliarde Pfund aus. Vor einem Jahr hatte sie gerade einmal ein Plus von 2 Millionen geschafft.
In der Finanzkrise hatte der britische Staat die Bank mit gut 45 Milliarden Pfund vor der Pleite gerettet. Seitdem gehört das Geldhaus zu rund 82 Prozent dem Steuerzahler. Das einstige Vorzeigeinstitut der britischen Bankbranche war einer der grössten Sanierungsfälle weltweit. Inzwischen hat Vorstandschef Stephen Hester bereits mehr als 800 Milliarden Pfund aus der Bilanz genommen und 36.000 Stellen abgebaut.
Trendwende erst beim Aktienkurs
Doch eine richtige Trendwende gelang bislang nicht. Allerdings hat sich der Aktienkurs in diesem Jahr bereits um gut 40 Prozent verbessert. Am Freitag verlor die Aktie nach starkem Auftakt bis zum Mittag gut zwei Prozent an Wert. Mit 281 Pence liegt sie derzeit rund 50 Prozent unter dem Einstiegskurs des Staates.
Über die mögliche Höhe der Libor-Strafe wollte Vorstandschef Hester nicht spekulieren. Egal ob sie mehr als die 290 Millionen Pfund von Barclays zahlen müsse oder nicht, werde dies ein «schlimmer Tag in der Geschichte von RBS» sein. Wann genau die Aufseher ihr Urteil fällen, sei noch ein Stück weit offen. Er hoffe aber, dass bis zu den Jahreszahlen im Februar Klarheit herrsche, sagte Hester.
Händler gefeuert
Die RBS zählt zu den mehr als ein Dutzend Banken, gegen die wegen der Manipulationsversuche im Interbankenhandel ermittelt wird. Händler sollen versucht haben, durch Absprachen untereinander die Zinssätze in ihrem Sinne zu verändern. Die RBS hat deshalb bereits vier Händler gefeuert. Im vergangenen Monat musste zudem der Chef des europäischen Zinshandels als erste Führungskraft gehen. Die internen Ermittlung bei der Bank laufen bereits seit zwei Jahren.
Im Sommer hatte Konkurrent Barclays die bislang höchste Strafe in dem Zinsskandal akzeptiert. In der Folge musste Vorstandschef Bob Diamond gehen. Auch gegen die Deutsche Bank laufen Ermittlungen. Zwei Händler mussten deshalb bereits das Unternehmen verlassen.
Der sogenannte Libor (London Interbank Offered Rate) wird täglich aus den Meldungen einzelner Banken ermittelt und stellt den durchschnittlichen Zinssatz dar, zu dem sich die Institute untereinander Geld leihen. Der Libor-Satz dient als Referenz für Geldgeschäfte in Billionenhöhe. Schon kleine Manipulationen haben deshalb eine grosse Auswirkung. Das bislang intransparente System bei der Findung der Zinssätze soll nun auf komplett neue Beine gestellt werden. (awp/mc/upd/ps)