Russische Notenbank senkt Leitzins stärker als erwartet
Moskau – Die russische Notenbank hat ihre Geldpolitik trotz der anhaltenden Sanktionen gegen Russland stärker als erwartet gelockert. Der Leitzins werde um 3,0 Prozentpunkte auf 14,0 Prozent reduziert, teilte die Zentralbank am Freitag in Moskau mit. Volkswirte hatten mit einer Zinssenkung auf 15,0 Prozent gerechnet. Die Notenbank stellte weitere Zinssenkungen in diesem Jahr in Aussicht. Bereits im März hatte sie den Leitzins um 2,0 Prozentpunkte reduziert.
Noch Ende Februar hatte sie den Zins drastisch um 10,5 Prozentpunkte auf 20 Prozent angehoben. Sie reagierte damit auf die Sanktionen des Westens, die nach dem Beginn des Kriegs gegen die Ukraine beschlossen wurden. Mit ihrer Zinserhöhung wollte die Notenbank damals der Abwertung der Landeswährung Rubel und Inflationsgefahren entgegenwirken. Zuletzt hat sich der Rubel aber deutlich erholt. Er liegt aktuell etwas über dem Niveau, das vor Kriegsbeginn herrschte.
Wirtschaftstätigkeit erheblich eingeschränkt
«Die externen Bedingungen für die russische Wirtschaft sind nach wie vor schwierig und schränken die Wirtschaftstätigkeit erheblich ein», schreibt die Notenbank. Die Inflations- und Finanzstabilitätsrisiken seien zuletzt aber nicht weiter gestiegen. Dies habe die Zinssenkung ermöglicht. Die Notenbank will die durch Sanktionen geschwächte Wirtschaft mit der Zinssenkung offenbar stützen.
Die Notenbank räumt ein, dass die Inflation weiter steigen dürfte. Im April hatte die Inflationsrate bei 17,6 Prozent gelegen. Man erwarte im Gesamtjahr eine Inflationsrate von 18,0 bis 23,0 Prozent.
Das Bruttoinlandsprodukt wird nach Einschätzung der russischen Notenbank im Jahr 2022 um 8 bis 10 Prozent sinken. «Der Rückgang wird hauptsächlich durch angebotsseitige Faktoren bedingt sein», heisst es in der Mitteilung. Damit sind offenbar die Sanktionen der westlichen Staaten gemeint. Bisher war man von einem Wirtschaftswachstum von zwei bis drei Prozent ausgegangen. (awp/mc/pg)