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Nikosia – Im Ringen um die Rettung Zyperns und seiner Banken vor dem Bankrott denkt die Regierung der Mittelmeerinsel erneut über eine Zwangsabgabe auf Bankguthaben nach. «Es wird die hohen Geldeinlagen betreffen», sagte der konservative Abgeordnete Prodromos Prodromou am Freitag im zyprischen Fernsehen. Über derartige Überlegungen war zuvor bereits spekuliert worden, nun bestätigte dies erstmals ein Politiker.
Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen eines regierungsnahen Abgeordneten erfuhr, sollen Geldeinlagen von mehr als 100.000 Euro mit bis zu sieben Prozent belastet werden. Guthaben unter dieser Grenze sollen nicht betroffen sein. Die Vertreter der Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) hätten dies mit Staatspräsident Nikos Anastasiades erörtert.
Bankenchef fordert sofortige Umsetzung
Der Chef der grössten zyprischen Bank, der Bank of Cyprus, Andreas Artemis, rief die Regierung auf, «ohne weitere Verzögerungen den Vorschlag der Eurogruppe (wieder) einzuführen.» Anderenfalls könnten nach einem Zusammenbruch des Banksystem die Geldeinlagen aller Menschen verloren gehen. Tausende Menschen würden ihren Arbeitsplatz verlieren.
Das zyprische Parlament hatte eine Zwangsabgabe auf Bankguthaben am vergangenen Dienstag abgelehnt. Zypern muss jedoch unbedingt eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um Notkredite der internationalen Geldgeber von zehn Milliarden Euro zu erhalten.
Solidarfonds soll auf Troika-Ablehnung stossen
Nikosia hatte deshalb einen Solidaritätsfonds ins Spiel gebracht, der aus Geldern der Rentenkassen, der Kirche und anderer Institutionen finanziert werden und Staatsanleihen ausgeben soll. Auch die zyprische Zentralbank soll mit ihren Goldreserven dazu beitragen.
Ein solches Szenario stösst aber offenbar auf Widerstand der Troika, wie Medien auf der Insel berichteten. Bundeskanzlerin Angela Merkel machte deutlich, dass sie die bisher diskutierten Vorschläge Zyperns für nicht ausreichend hält.
Kapitalverkehrskontrollen in Planung
Um einen massenhaften Kapitalexport ins Ausland zu verhindern, soll nach diesen Plänen vorübergehend der Zahlungsverkehr eingeschränkt werden. Die zyprischen Banken sind seit rund einer Woche geschlossen und sollen nach jetziger Planung erst am kommenden Dienstag wieder öffnen.
Am Freitagnachmittag oder -abend wollte das Parlament über wege aus der Krise beraten. Dabei sollte es auch um die Idee gehen, die angeschlagene zyprische Popular Bank (Laiki Bank) durch eine Aufspaltung vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Nach den Plänen der Zentralbank soll es eine funktionsfähige und eine «Bad Bank» geben.
Grossbank könnte aufgespalten werden
Der «gute» Teil der Bank soll alle Geldeinlagen bis zu 100.000 Euro sowie einen Teil der Immobilien sowie die Kredite erhalten, die normal bedient werden. Dieser «gesunde» Teil soll mit der anderen grossen Bank, der Cyprus Bank, zusammengelegt werden. Die Bad Bank soll die unsicheren Kredite, die Geldeinlagen über 100.000 Euro und die nicht unmittelbar benötigte Gebäude, die nicht näher definiert sind, umfassen.
Da unklar ist, was genau mit den Einlagen in der Bad Bank geschieht, könnten Bankkunden in einem solchen Modell am Ende mehr Geld verlieren als mit der Zwangsabgabe.
Merkel attackiert «Plan B»
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Zyperns neuen Sanierungsplan am Vormittag in scharfer Form zurückgewiesen. Eine Verstaatlichung der zyprischen Pensionsfonds werde Europa nicht mittragen, sagte Merkel am Freitag vor den Koalitionsfraktionen laut Teilnehmern. Sie warnte das kleine Euro-Land vor der Abstimmung in Nikosia davor, die Geduld der Geldgeber auszureizen. «Ich wünsche mir das nicht, dass es zu einem Crash kommt.» Russland will Zypern vorerst nicht unter die Arme greifen und keine neuen Kredite geben.
Nach Angaben des «Handelsblatts» werden in Zypern drastische Massnahmen erwogen, um eine massive Kapitalflucht nach Öffnung der Banken zu verhindern. Die 860 000 Zyprer könnten dann nur noch begrenzt Bargeld abheben oder Geld überweisen. Bei den maroden zyprischen Banken liegen Einlagen von knapp 70 Milliarden Euro, darunter grosse Vermögen von Russen und Briten.
Merkel verärgert
Merkel zeigte sich verärgert, dass Nikosia die Grenzen der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) austeste. Die Zyprer machten daraus eine Frage des Stolzes. Nikosia verhalte sich gerade nach der Devise, lieber zu sterben als auf Knien weiterzuleben, erläuterte Merkel laut Teilnehmern vor der FDP-Fraktion. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte: «Wir können nicht akzeptieren, dass die Renten der Menschen verpfändet werden.» Zypern spiele mit dem Feuer.
Moskau winkt ab
Zyperns Hilferufe nach Moskau verhallten ungehört. «Die Verhandlungen sind beendet», sagte Finanzminister Anton Siluanow der Agentur Interfax zufolge. Die zyprische Regierung habe Russland vorgeschlagen, den Zugang zur Gasförderung vor Zypern zu ermöglichen. «Unsere Investoren haben sich die Frage angesehen. Ein Interesse gab es nicht», sagte Siluanow. Ausserdem hätten die Zyprer Beteiligungen an ihren Banken offeriert. Russische Banken hätten abgewunken. Nach den Worten von Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew sind die Türen noch nicht endgültig zugeschlagen. Moskau wolle aber zunächst den endgültigen Plan der EU für eine Rettung ihres Mitgliedslandes abwarten. (awp/mc/upd/pg)