Santander-Konzernchefin Ana Botin. (Foto: Santander)
Madrid – Die aktuelle Krise für die Bankbranche und das unsichere wirtschaftliche Umfeld machen der spanischen Grossbank Santander vergleichsweise wenig zu schaffen. Das Institut verdient anders als etwa die Deutsche Bank trotz Dauer-Zinstief und unsicherer Lage der Weltwirtschaft weiter Milliarden. Im ersten Halbjahr schnitt die Santander zudem besser als Experten erwartet hatten. Die Aktie gehörte am Mittwoch mit einem deutlichen Plus zu den Tagesgewinnern im EuroStoxx 50.
Sorgen bereitet der politische Stillstand in Spanien, durch den die Erholung der Wirtschaft in dem südeuropäischen Land abgewürgt werden könnte. Spanien brauche schnell eine neue Regierung, sagte Finanzvorstand Jose Antonio Garcia Cantera. Je länger es keine Lösung gebe, desto grösser seien die Risiken für die Erholung der Wirtschaft. Das Land ist seit Dezember ohne Regierung. Nach der Neuwahl vor rund einem Monat wird derzeit über eine neue Koalition verhandelt.
Brexit-Folgen noch unklar
Vom Brexit-Votum ist Santander stark betroffen, da die Spanier nach zahlreichen Übernahmen in den Jahren der Finanzkrise zuletzt rund ein Fünftel ihres Gewinns in Grossbritannien erwirtschafteten. Es sei derzeit aber noch zu früh, konkrete Aussagen über die Folgen zu treffen. Das Geschäft auf der Insel sei fester Bestandteil der Santander-Strategie. Bisher habe das Votum vom 23. Juni keine Spuren in der Bilanz hinterlassen.
Im ersten Halbjahr ging der Gewinn in Grossbritannien zwar um 17 Prozent auf 843 Millionen Euro zurück, wobei das zum Grossteil auf Währungseffekte und höhere Steuern zurückzuführen war. Ohne diese Effekte wäre der Gewinn stabil geblieben. Konzernweit sah dies ähnlich aus – der Überschuss schrumpfte. Das um Sondereffekte wie Währungsschwankungen bereinigte Ergebnis zog um neun Prozent auf 3,3 Milliarden Euro zu. Das war mehr als Experten erwartet hatten.
Stresstest kaum ein Thema für Santander
Analysten lobten die Zahlen grösstenteils. Nach Einschätzung des Societe-Generale-Experten Carlos Garcia-Gonzalez ist der Stresstest der Bankenaufsicht, dessen Ergebnisse am Freitag nach Börsenschluss veröffentlicht werden, kein grosses Thema für Santander. So könne die Bank auch weiter an den Plänen einer höheren Dividende festhalten. Der Analyst stufte das Papier nach den Zahlen von «Sell» auf «Hold».
Die spanische Grossbank profitiert weiter davon, dass sie wegen ihrer breiten regionalen Aufstellung und Fokussierung auf das Privatkundengeschäft nicht so abhängig von der Entwicklung an den Kapitalmärkten ist. Die Erträge legten im zweiten Quartal leicht zu. Die Bank schnitt sowohl beim bereinigten Ergebnis als auch den Erträgen etwas besser ab als erwartet.
Die an der Spitze der Bank stehende 55-jährige Ana Botin drückt nach Jahren der Expansion derzeit vor allem auf die Kosten und hat weitere Zukäufe erst einmal hintenan gestellt. Sie ist die älteste Tochter des langjährigen Konzern-Patriarchen Emilio Botin, der Santander mit Zukäufen in Grossbritannien und auch dem Deutschland-Geschäft der schwedischen Bank SEB zu einem der grössten Geldhäuser Europas gemacht hatte. (awp/mc/pg)