(Abb: Saxo Bank)
Zürich – Die auf Multi-Asset-Anlagen spezialisierte Investmentbank Saxo Bank hat ihre alljährlichen „Outrageous Predictions“ für das kommende Jahr veröffentlicht. Auch wenn es recht unwahrscheinlich ist, dass eine dieser düsteren Prognosen Wirklichkeit wird, so skizzieren diese „Was wäre wenn“-Szenarien den möglichen Verlauf, falls es in der Politik und an den Märkten anders kommt, als man derzeit erwartet. Diese Szenarien stehen nicht im Zusammenhang miteinander und können einander auch gegensätzlich sein.
Die diesjährigen Prognosen rangieren von der Einführung einer EU-weiten Vermögensteuer über die Ausbuchung aller Staatstitel durch die Bank of Japan und der Blase der „Fat Five“ des Tech-Sektors bis hin zum Preissturz bei Brent Crude infolge einer Ölschwemme. Eine weitere provokante These besagt, dass den USA zu Jahresbeginn deflationäre Stagnation droht, während Deutschland unter Umständen seinen Platz als Europas Konjunkturlokomotive räumen muss und in eine Rezession zurückfällt.
Mögliches Tapering und die Folgen
Auch die Aussichten für Brasilien, Indien, Südafrika, Indonesien und die Türkei sind düster, sofern der allmähliche Ausstieg aus der quantitativen Lockerung in den USA (das sogenannte Tapering) infolge gestiegener Zinsen zu höheren Grenzkosten für Kapital führt. Betroffen sind dann vor allem Länder mit (hohen) Leistungsbilanzdefiziten, deren Währung infolgedessen an Wert verliert. In Europa könnten derweil erneute politische und wirtschaftliche Turbulenzen aufflackern, falls eine transnationale anti-europäische Allianz sich als grösste Fraktion im Europaparlament etablieren sollte.
Steen Jakobsen, Chefvolkswirt der Saxo Bank, kommentiert: „Diese Prognosen sind durchaus nicht rein pessimistisch zu verstehen. Es geht vielmehr um kritische Ereignisse, die einen Wandel anstossen könnten. Denn schliesslich ist es in der Menschheitsgeschichte so, dass Wandel – ob gut oder schlecht – stets im Gefolge einer Krise stattfand, nachdem die alte Ordnung spektakulär versagt hatte. Wohlstand und Einkommen sind weltweit nach wie vor völlig ungleich verteilt, insofern könnten untragbare Missverhältnisse tatsächlich zu grundlegendem Wandel führen. 2014 könnte das Jahr sein, in dem dies nicht nur Notwendigkeit ist, sondern Realität wird.“
Jakobsen stellt aber klar: „Wir betonen, dass diese provokanten Thesen nicht etwa offizielle Prognosen der Saxo Bank für 2014 sind, sondern vielmehr Konstellationen skizzieren, die sich als die grössten Gefahren für den Kapitalerhalt erweisen könnten. Wir wollen Anleger dazu anregen, die gängige Meinung zu hinterfragen und sich mit dem ungünstigsten Fall auseinanderzusetzen, bevor sie ihre Trading- bzw. Investment-Entscheidung treffen.“
Hier die „10 Outrageous Predictions“ der Saxo Bank für 2014:
1. EU-weite Einführung von Vermögensteuer läutet Rückkehr zu einer Wirtschaft im Sowjetstil ein Deflation und mangelndes Wachstum versetzen die EU-Kommission in Panik. Sie verfällt daher auf die Idee, eine Vermögensteuer für Ersparnisse von über 100.000 Euro bzw. US-Dollar einzuführen. Dies geschieht vorgeblich, um Ungleichheit abzubauen und ausreichende Mittel für einen „Krisenpuffer“ zu beschaffen. Das wäre der letzte Schritt in Richtung eines totalitären europäischen Staates und der Tiefpunkt für individuelle und Vermögensrechte. Dann hiesse es: „Hard Assets“ wie beispielsweise Immobilien kaufen und Finanzanlagen verkaufen.
2. Anti-europäische Allianz wird stärkste Fraktion im Europäischen Parlament Aus den Wahlen zum Europaparlament im Mai geht eine transnationale anti-europäische Allianz als stärkste Kraft und grösste Fraktion im EU-Parlament hervor. Das neu gewählte Europaparlament kürt einen EU-skeptischen Präsidenten. Zugleich gelingt es den europäischen Staats- und Regierungschefs nicht, sich auf einen Präsidenten der Europäischen Kommission zu einigen. Damit verfällt Europa wieder in politisches und wirtschaftliches Chaos.
3. Die „Fat Five“ des Technologiesektors erwachen 2014 mit einem üblen Kater Während die Aktien des amerikanischen IT-Sektors derzeit um rund 15 Prozent unter der aktuellen Bewertung des S&P 500 notieren, wird eine Handvoll von Technologieaktien mit einem massiven Aufschlag von ca. 700 Prozent über der Marktbewertung gehandelt. Diese „Fat Five“ – Amazon, Netflix, Twitter, Pandora Media und Yelp – stellen sozusagen eine neue Blase innerhalb der alten Blase dar. Zu verdanken ist das dem Run von Anlegern auf seltene Wachstumstitel im Nachgang zur Finanzkrise.
4.Nachdem der Dollar auf unter 80 JPY fällt, bucht Bank of Japan Staatstitel aus 2014 erlahmt der globale Aufschwung. Die Kurse riskanter Assets purzeln, und Investoren sehen sich gezwungen, Yen zu kaufen. In der Folge fällt der USD/JPY-Wechselkurs unter 80. Daher greift die Bank of Japan zu einer verzweifelten Massnahme und bucht ihre gesamten Staatstitelbestände aus ihrer Bilanz aus. Das ist ein ebenso simpler, wie unerprobter buchhalterischer Trick, der dem Land nervenaufreibende Ungewissheit und ein potenzielles Desaster mit ungeahnten Nebenwirkungen beschert.
5. US-Deflation: Bald auch in Ihrer Nähe! Zwar mögen einige Indikatoren darauf hindeuten, dass die US-Wirtschaft sich erholt hat, doch der Häusermarkt bleibt schwach und die Löhne stagnieren. Für Januar steht im Kongress der zweite Akt der Tragikomödie „Wie man die US-Wirtschaft am besten sabotiert“ auf dem Programm. Die Leidtragenden sind Investitionen, Beschäftigung und Zuversicht der Verbraucher. Im Ergebnis würde die Inflation sinken, und Deflation stände wieder ganz oben auf der Tagesordnung des FOMC.
6. Quantitative Lockerung erfasst sogar Hypothekenanleihen Durch die quantitative Lockerung in den USA sind die Zinskosten gesunken und die Preise für riskante Assets in die Höhe geschnellt. Dadurch ist der trügerische Eindruck entstanden, die Wirtschaft erhole sich. Es gibt immer noch massive Probleme, vor allem am Häusermarkt, der künstlich gestützt wird. Daher wird der FOMC die dritte Runde seiner quantitativen Lockerung 2014 auf den Hypothekenanleihemarkt ausweiten. Anstatt mit dem Tapering zu beginnen, wird die Fed ihr nunmehr völlig auf Mortgage Bonds ausgerichtetes Ankaufprogramm auf ein Volumen von über 100 Milliarden US-Dollar pro Monat hochschrauben.
7. Brent Crude fällt infolge von Ölschwemme auf 80 Dollar/Barrel Durch die zunehmende Ölförderung mit neuen Methoden und dem wachsenden Fördervolumen Saudi-Arabiens entsteht ein Überangebot am Markt. Erstmals seit vielen Jahren bauen Hedgefonds umfassende Short-Positionen auf. Im Ergebnis fällt der Preis für Brent Crude auf 80 Dollar pro Barrel. Sobald die Ölproduzenten ihren Output jedoch drosseln, wird der Ölpreis wieder in die Höhe schnellen. Letztlich wird die Branche realisieren müssen, dass hohe Preise durchaus nicht selbstverständlich sind.
8. Deutschland in der Rezession Der anhaltende Aufwärtstrend in Deutschland wird 2014 enden und die Konsensprognosen widerlegen. Nach Jahren übertriebener Sparsamkeit in Deutschland wenden sich jetzt sogar die USA gegen Europas grösste Volkswirtschaft. Es ist durchaus möglich, dass man gemeinsam mit anderen grossen Volkswirtschaften einen koordinierten Plan ausarbeitet, um den übermässigen Handelsüberschuss zu verringern. Hinzu kommen sinkende Energiepreise in den USA, die deutsche Firmen dazu veranlassen, ihre Produktion gen Westen zu verlagern. Weitere Faktoren sind sinkende Wettbewerbsfähigkeit infolge steigender Reallöhne, mögliche Forderungen der SPD, des Juniorpartners in der Grossen Koalition, zur Verbesserung der Situation einkommensschwacher Schichten in Deutschland und zunehmende Konzentration auf die Binnennachfrage in China im Anschluss an das Dritte Plenum der KP.
9. Aufgrund der französischen Misere purzelt der CAC 40 um 40 Prozent Der Aufwärtstrend bei den Aktienkursen findet ein jähes Ende und die Kurse gehen in den freien Fall. Grund: Es setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass das Einzige, was den Markt treibt, die Hoffnung ist, es finde sich bestimmt jemand, der eine überbewertete Aktie zu einem noch höheren Kurs kauft. Gleichzeitig vertieft sich die Misere in Frankreich infolge der Misswirtschaft der Regierung Hollande. Die Häuserpreise, die sich nach der Krise nie richtig erholt haben, rutschen ins Bodenlose. Das belastet Konsum und Zuversicht. Zum Jahresende bricht der CAC 40 Index gegenüber seinem Höchststand von 2013 um über 40 Prozent ein, als sich die Anleger scharenweise vom Markt verabschieden.
10. „Fragile Five“ fallen um 25 Prozent gegenüber dem Dollar In den USA führt der erwartete allmähliche Ausstieg aus der QE (Tapering) infolge steigender Zinsen zu höheren Grenzkosten für Kapital. In der Folge sinkt der Risikoappetit bei weiten Teilen der globalen Anlegerschaft. Davon sind insbesondere Länder mit wachsenden Leistungsbilanzdefiziten betroffen, die ihre Währung schliesslich – vor allem gegenüber dem US-Dollar – abwerten müssen. Bei diesen sogenannten Fragile Five handelt es sich um Brasilien, Indien, Südafrika, Indonesien und die Türkei.
(Saxo Bank/mc/pg)