Bern – Die Schweiz sollte ihre Strategie zur Rückgabe von in der Schweiz gesperrten illegalen Vermögenswerten überdenken. Die aktuellen Rechtsgrundlagen sind zu unklar. Den Verfahren fehle es an Kohärenz und sie dauerten oft zu lange, stellt die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) fest.
In den letzten zwanzig Jahren hat die Schweiz in rund einem Dutzend Fällen fast zwei Milliarden Franken an unrechtmässig erworbenen ausländischen öffentlichen Geldern zurückerstattet. Fast eine Milliarde dürfte in den kommenden Jahren zurückerstattet werden, wie die EFK in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht feststellt.
Nach dem Arabischen Frühling und den Vermögenswerten der ehemaligen Diktatoren Zine el-Abidi Ben Ali (Tunesien) und Hosni Mubarak (Ägypten) sorgten weitere Fälle für Schlagzeilen, etwa der 1MDB-Skandal in Malaysia, der Petrobras-Skandal in Brasilien oder der Fall Karimova in Usbekistan.
Kritierien präzisieren
Die EFK ist grundsätzlich der Ansicht, dass der Bund seine Bestrebungen fortsetzen soll, indem er die Kohärenz zwischen den verschiedenen Rechtsgrundlagen stärkt und die Kriterien der Rückerstattung präzisiert. Es brauche mehr Transparenz über die Verwendung der gesperrten und anschliessend eingezogenen Vermögenswerte. Die verschiedenen Strategien zur Bekämpfung von Korruption und Geldwäscherei müssten besser aufeinander abgestimmt werden, insbesondere in der Kommunikation.
Problematisch ist laut EFK, dass das 2016 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Sperrung und Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte nur die Ausnahmefälle eines abrupten Regimewechsels betrifft. Als «Gelegenheitsgesetz», das im Zuge des Arabischen Frühlings ausgearbeitet worden sei, sei es seither nur in Einzelfällen angewendet worden.
Die internationale Rechtshilfe und Strafverfahren in der Schweiz sind daher nach wie vor die wichtigsten Kanäle für Ermittlungen. Diese unterliegen jedoch anderen Rechtsgrundlagen und sehen vor allem keine Bedingungen für die Rückgabe von Geldern vor, stellt die EFK fest.
Zudem sind Rückerstattungen auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Schweiz und dem ersuchenden Staat über die Verwendung der zurückerstatteten Vermögenswerte die Ausnahme, wie die EFK schreibt. Es gebe keine klaren Kriterien, warum eine Rückerstattung auf diese und nicht jene Art und Weise erfolge, kritisiert die EFK.
Die Fälle, in die politisch exponierte Personen (PEP) oder sogar ehemalige Staatsführer verwickelt seien, weckten in den betroffenen Ländern hohe Erwartungen, schreibt die EFK. Es bestehe aber eine grosse Diskrepanz zwischen der Dauer der Gerichtsverfahren und den politischen Anliegen. Es dauere 10 bis 15 Jahre, bis ein Entscheid über die Einziehung oder Freigabe der Gelder erlassen werde.
«Oft hat die Schweiz vorschnell zu viele Ergebnisse versprochen. Die Bundesbehörden setzen sich intern jedoch keine Fristen oder Ziele. Dies führt zu Frustration und schafft eine echte Diskrepanz gegenüber den erklärten Absichten», stellt die EFK fest.
Pragmatischer Ansatz
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) habe inzwischen sein Vorgehen verbessert. Der Prozess erfolge nun strukturierter und das EDA nehme erst Verhandlungen auf, wenn die Vermögenswerte definitiv eingezogen worden seien.
Die EFK attestiert dem EDA einen pragmatischen Ansatz. Es würden je nach Situation massgeschneiderte Lösungen gesucht. Das EDA habe aber abgesehen von der Tatsache, dass Vermögenswerte nicht bedingungslos zurückzuerstatten seien, nur wenige verbindliche Kriterien definiert.
Die Finanzkontrolle empfiehlt dem Bundesrat, künftig klare Kriterien festzulegen, um zu wissen, in welchen Fällen Rückgaben an Bedingungen geknüpft sind. Fehlende klare Kriterien für Rückerstattungen beeinträchtigten nämlich die Kohärenz des Handelns der Schweiz im In- und Ausland. Zudem habe die Schweiz trotz ihrer anerkannten Tätigkeit in diesem Bereich Mühe, in den Ländern des Südens und in den Schwellenländern Unterstützung zu finden.
Fehlender Überblick
Die Streuung der Ressourcen unter verschiedenen interdepartementalen Arbeitsgruppen des Bundes, die in der Korruptions- und Geldwäschereibekämpfung tätig sind, verhindert zudem laut EFK einen Gesamtüberblick. Das EDA verfolge nur die Fälle, in denen die Rückgabemodalitäten festgelegt sind. Informationen über Fälle von bedingungsloser Rückgabe bei politisch exponierten Personen seien auf das Bundesamt für Justiz (BJ) und die Staatsanwälte verteilt.
Ein jährliches Monitoring der gesperrten Gelder mit den Ergebnissen der Verfahren und der Bestimmung der eingezogenen Gelder sollte daher nach Ansicht der EFK eingerichtet werden. (awp/mc/ps)