Zürich – Die Beziehung zwischen Kunden und ihrer Bank wandelt sich. Während Bankfilialen an Bedeutung verlieren, gewinnt das Internet. Doch dieser Entwicklung sind Grenzen gesetzt: Nur wenige Kunden wollen derzeit ihr Geld bei einem reinen Onlinevermögensverwalter anlegen.
Die Zahl der Bankfilialen in der Schweiz nimmt seit Jahren ab: Beispielsweise gab es im Jahr 2000 schweizweit noch 3433 unselbstständige Geschäftsstellen von Banken, wie Zweigniederlassungen, Agenturen, Einnehmereien, Depositkassen oder Vertretungen. Fünf Jahre später ist die Zahl bereits unter 3200 gesunken und 2015 gab es laut der Statistik der Schweizerischen Nationalbank in der Schweiz noch 2864 Bankfilialen. Verschiedene Banken, wie etwa Raiffeisen, haben kürzlich angekündigt, ihr Filialnetz weiter ausdünnen zu wollen.
Dieser Rückgang ist die Kehrseite davon, dass der Anteil jener Bankkunden zunimmt, die ihre Bankgeschäfte im Internet erledigen. Über 30% von den 4000 Teilnehmenden einer Umfrage, die das Institut für Finanzdienstleistungen in Luzern (IFZ) unter den Lesern des «TagesAnzeigers» durchgeführt hat, gaben an, das Internetangebot sei das wichtigste Kriterium für ihre Wahl einer Hausbank.
Jüngere Kunden auf digitalen Kanälen
Umgekehrt sagten über 60%, dass ihr letzter Besuch einer Bankfiliale sechs Monate und länger zurückliegt. 28% waren sogar länger als ein Jahr nicht mehr in einer Filiale. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich ein Generationenunterschied. Vor allem jüngere Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte über digitale Hilfsmittel, während die Filiale für ältere Kunden nach wie vor relevant ist. Deshalb seien Filialen immer noch wichtig, sagte Andreas Dietrich, Professor am IFZ, gegenüber dem «TagesAnzeiger».
Eine Mehrheit der Umfrageteilnehmer gab an, die Bankgeschäfte über Smartphone abwickeln zu wollen. Die digitalen Kanäle könnten demnach für einen grundlegenden Wandel im Bankenwesen sorgen – vor allem dann, wenn reine Onlinebanken Dienstleistungen günstiger und besser abwickeln.
Kritik an hohen Gebühren und tiefen Zinsen
Doch sind dieser Entwicklung derzeit noch Grenzen gesetzt. Denn nur wenige Umfrageteilnehmer können sich vorstellen, ihr Geld statt bei einer Bank bei einem reinen Onlinevermögensverwalter anzulegen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass sich die Kritik der Bankkunden vor allem gegen hohe Gebühren und tiefe Zinsen richtet. Das könnte bedeuten, dass das Preisargument Onlineanbietern einen gewissen Aufschwung beschert.
Wenig Kritik gibt es hingegen für die Erreichbarkeit, das Filialnetz oder die Öffnungszeiten der jeweiligen Hausbanken. Bemerkenswert ist jedoch, dass Frauen gerade diese Kriterien höher gewichten als Männer.
Treue Kundschaft
Dabei zeigen sich die Kunden gegenüber den Banken in der Schweiz als treu. Fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer sind insgesamt zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer Hausbank. Vor allem bei den bis 25-Jährigen ist die Zufriedenheit besonders hoch. Mit zunehmendem Alter steigt die Unzufriedenheit über zu hohe Gebühren.
Fast ein Viertel der Teilnehmenden hat noch nie die Hausbank gewechselt, weitere 33% haben erst ein Mal im Leben ihrer Bank den Rücken gekehrt. Dennoch waren für jeden Fünften der seine Bank gewechselt hat, hohe Gebühren und tiefe Zinsen ausschlaggebend.
Diese Zahl könnte höher sein, wenn es die Banken den Kunden leichter machen würden, die Gebühren zu vergleichen. Paketlösungen für Bank- und Lohnkonten inklusive Maestro- und Kreditkarten verunmöglichen heute den Vergleich zwischen den verschiedenen Banken. (awp/mc/pg)