Schweizer Börse hofft bis zuletzt auf Anerkennung durch EU

Jos Dijsselhof

Jos Dijsselhof, Group CEO der SIX. (Foto: SIX)

Zürich – Die Schweizer Börse hofft noch bis zuletzt auf eine Verlängerung der Börsenäquivalenz durch die EU. «Eine Entscheidung könnte auch noch kurz vor Weihnachten fallen», sagte SIX-Konzernchef Jos Dijsselhof im Interview mit der Nachrichtenagentur AWP. Denn: Im vergangenen Jahr sei die Äquivalenz erst am 21. Dezember für ein Jahr befristet verlängert worden.

Die Schweiz und die EU verhandeln seit bald fünf Jahren über ein institutionelles Rahmenabkommen. Um in diesem Zusammenhang Druck auszuüben, droht die EU, die hiesige Börsenregulierung nicht als gleichwertig anzuerkennen. Händlern aus der EU wäre dann der Aktienhandel an der Schweizer Börse verboten.

Um dies zu verhindern, führt der Bundesrat Anfang 2019 eine neue Anerkennungspflicht für ausländische Handelsplätze ein. Damit verbietet die Regierung den Handel von Schweizer Aktien in der EU.

Denn wenn Schweizer Aktien nicht systematisch und regelmässig in der EU gehandelt werden, fallen sie nicht unter die EU-Regulierung und es wird keine so genannte Äquivalenzanerkennung benötigt. Damit können EU-Händler wie gewohnt in der Schweiz handeln.

Schweizer Börse hinter Bundesrat
«Wir unterstützen die Massnahmen des Bundesrates. Damit verfügt die Schweiz auch in Zukunft über einen funktionierenden Finanzmarkt», sagte Dijsselhof. Ohne die Schutzmassnahmen des Bundesrates würden zahlreiche EU-Investoren wie zum Beispiel Pensionskassen oder Versicherungen in Schwierigkeiten geraten, da sie sehr stark in Schweizer Titel investiert seien, sagte Dijsselhof.

Es wäre für die EU-Kommission ein grosses Risiko, die Äquivalenz nicht zu verlängern, so die Meinung des Börsenchefs. Das widerspräche dem Vorhaben, einen offenen und transparenten Markt in Europa zu schaffen.

Mehr Risiken eingehen
Wenn sich die EU entschliesst, die Äquivalenz tatsächlich nicht zu gewähren, wäre das etwas nie Dagewesenes. «Daher bleibt ein Quentchen Unsicherheit, was am 1. Januar passieren würde», sagte Dijsselhof. Händler könnten abwarten wollen und zunächst erst einmal weniger Schweizer Aktien handeln.

Dass EU-Händler nicht in der Schweiz handeln würden, weil sie glauben, sie könnten eventuell gegen EU-Gesetz verstossen trotz der Massnahmen des Bundesrats, schliesst er aus. «Ich denke, der Markt versteht die Situation mittlerweile sehr gut.»

Deswegen würden auch alternative Handelsplätze in Europa, wo Schweizer Aktien gehandelt werden, jetzt ihre Stimme erheben: «Sie verstehen, dass sie ohne die Börsenäquivalenz für die Schweiz keine Schweizer Aktien mehr anbieten können.»

Der Handel mit Schweizer Bluechips wie Nestlé, Novartis oder UBS, der nicht in der Schweiz stattfindet, läuft über andere Plattformen wie Aquis, CBOE Europe oder die zur Londoner Börse gehörende Turquoise.

Unternehmen warten mit Kapitalaufnahme ab
Dijsselhof sprach im Interview zudem über die in diesem Jahr vollzogene Neuausrichtung der Gruppe. Das Geschäft von SIX sei zwar gesund und profitabel. Allerdings fehle eine offenere Kultur, «etwas mehr Risiken einzugehen, etwas kundenorientierter zu sein». Man sei «noch nicht so gut darin, neue Dinge zu starten». Das Unternehmen wolle die Veränderungen des Schweizer Finanzplatzes prägen.

An das eine grosse Backoffice für alle Banken, das in der Vergangenheit einmal angedacht war und dann wieder verworfen wurde, glaubt er derweil nicht. Im Fokus stünden eher verschiedene Bankengruppen mit denselben Interessen. Diese wolle man dann davon überzeugen, bei innovativen Lösungen zusammenzuarbeiten.

«Die alte SIX hat versucht, alle Banken unter einen Hut zu bekommen. Die neue SIX denkt unternehmerischer. Ich denke, das ist der grosse Unterschied, und die Banken spüren das.»

Operativ sieht der SIX-Chef das zu Ende gehende Jahr in einem ähnlichen Licht wie das Vorjahr. Auch mit der Handelsaktivität sowie den elf Börsengängen zeigte er sich sehr zufrieden. Derzeit stünden allerdings viele Unternehmen an der Seitenlinie angesichts der zahlreichen Unsicherheiten wie etwa den Handelsstreit zwischen den USA und China. «Aber viele Unternehmen wollen expandieren und Kapital aufnehmen», sagte Dijsselhof. (awp/mc/ps)

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