Schweizer Einkommen sind gewachsen – trotz Corona-Krise
Basel – Jetzt kommt der Einbruch! Prognostiziert von den Experten und gefühlt in der Gesellschaft hätte das Corona-Jahr 2020 zum Einbruch der zuletzt ständig positiven Entwicklung der Schweizer Einkommen führen müssen. Erstmals werden nun dank des Bank Cler Swiss Income Monitors (BCSIM) offizielle Zahlen der Eidgenössischen Steuerverwaltung für 2020 publiziert. «Der Schweizer Arbeitsmarkt war auch dank staatlicher Stützungsmassnahmen stabiler als wir erwarteten», sagt Samuel Meyer, CEO der Bank Cler. Denn auch im Corona-Jahr 2020, als die Wirtschaft lahmte und der Rückgang des BIP eine Verringerung erahnen liess, erhöhte sich das Einkommen schweizweit im Vergleich zum Vorjahr. Doch typisch Schweiz: Die Spuren der Krisen sind nicht in allen Kantonen gleich.
Zusammen mit dem Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Economics hat die Bank Cler die Einkommensverteilung der Schweiz und der Kantone für die Jahre 2007 bis 2020 analysiert. Die Informationen von 2020 sind die aktuellsten Daten, die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung derzeit zur Verfügung stehen und die es ermöglichen, die Einkommens- und Verteilungswirkungen für die Gesamtschweiz und den Kantonen des ersten Corona-Jahres zu analysieren. Grundlage der Analyse bildet das Reineinkommen des gesamten Haushalts, d.h. bei Doppelverdienern ist das Haushaltseinkommen somit das gemeinsam verdiente Geld.
Ein stabiler Arbeitsmarkt, gestützt durch den Staat
Was sind die Gründe für die erfreuliche Entwicklung? Der Schweizer Arbeitsmarkt ist von hoher Stabilität getragen. So erhöhte sich die Arbeitslosigkeit 2020 nur von 2,3 auf 3,2 Prozent. Samuel Meyer interpretiert: «Dank der umfassenden Unterstützungsleistungen des Staates wurde der Einbruch der verfügbaren Einkommen der Menschen in der Schweiz verhindert.» Konkret lag es entscheidend am massiven Einsatz der staatlichen Kurzarbeitsentschädigungen.
Die Bank Cler-Recherchen stiessen auf einen weiteren Punkt. Denn der Einbruch von Einkommen und Vermögen im Corona-Jahr war von Wirtschaftsexpertinnen und -experten auch wegen des Rückgangs des BIPs vorausgesagt worden – immerhin war der BIP-Einbruch 2020 der grösste seit 1975. «Dass es nicht so kam, lag an den staatlichen Unterstützungsmassnahmen für KMU», weiss Samuel Meyer.
Zug mit dem höchsten, Jura und Wallis mit den niedrigsten Durchschnittseinkommen
Als Hauptresultat der Studie über Löhne und Einkommen seit 2007 lässt sich festhalten: In den statistisch auswertbaren Jahren von 2007 bis 2019 und neu nun eben auch 2020 entwickelten sich die Einkommen in der Schweiz merklich aufwärts. Festhalten lässt sich, dass auch im Jahr 2019 und nun 2020 die Ungleichheit in der Schweiz nicht zugenommen hat. Interessant ist allerdings ein Blick in die Kantone – und da zeigen sich wieder einmal spannende Unterschiede.
Schweizweit betrachtet hat die Corona-Krise zwar zu keinem Einkommensrückgang geführt, innerhalb der Kantone sind die Spuren der Krise aber unterschiedlich stark. Das Wallis sticht mit den höchsten Zuwächsen und Schwyz mit den höchsten Verlusten deutlich hervor. Von 2019 bis 2020 steigt das Durchschnittseinkommen im Kanton Wallis von 51’400 auf 54’100 Franken (+5,3%), während es in den Kantonen Schwyz (-6,0%) und Nidwalden (-5,2%) am stärksten sinkt. «Das Wallis wird vermutlich aus einer Kombination von staatlichen Unterstützungsmassnahmen und vom Inlandtourismus profitiert haben», schätzt Samuel Meyer die Lage ein.
Trotz des 2020 gesunkenen Durchschnittseinkommens, führen die Kantone Schwyz und Nidwalden nach dem Kanton Zug die Rangliste der höchsten Durchschnittseinkommen an. An der Spitze befindet sich der Kanton Zug mit 115’300 CHF und liegt damit rund 44 300 CHF über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt. Schwyz (96’200 CHF), Nidwalden (85’400 CHF), Zürich (80’300 CHF), Obwalden (78’000 CHF) und Genf (76’800 CHF) folgen, wobei die Metropolen Zürich und Genf nicht zu den steuergünstigen Kantonen gehören. «Die Unterschiede lassen sich folglich nicht allein durch die Steuersituation erklären, sondern auch durch branchenspezifische Strukturen wie den ausgeprägten Finanzsektor und die hohe Dichte an Unternehmensberatungen und Wirtschaftsprüfern», ordnet Samuel Meyer ein. Am unteren Ende der Rangliste stehen wenig überraschend die strukturschwachen Kantone Jura (54’700 CHF) und Wallis (54’100 CHF).
Obwalden schwingt oben aus
Über den gesamten Beobachtungszeitraum zwischen 2007 und 2020 sind die Einkommen in der Schweiz spürbar gestiegen. Dies gilt sowohl für das Durchschnittseinkommen als auch für das Medianeinkommen. So ist im beobachteten Zeitraum das durchschnittliche Einkommen um fast 7900 CHF angestiegen, was im Schnitt einem Einkommenszuwachs von 600 CHF pro Jahr entspricht.
Auch hier weist der Kanton Zug das höchste Durchschnitts- und Medianeinkommen (71’350 und 68’900 CHF) auf. Am unteren Ende der Rangliste stehen das Wallis (44’950 CHF) und das Tessin (44’550 CHF) mit dem niedrigsten Medianeinkommen. Der Kanton Obwalden konnte sowohl beim Durchschnitts- (+34%) als auch beim Medianeinkommen (+19%) am meisten aufholen. Einzig im Kanton Genf sind sowohl das Median- (-1,2%) als auch das Durchschnittseinkommen (-4,4%) gesunken.
Millionäre profitieren von steigenden Aktienkursen und Häuserpreisen
Mehr noch als die Einkommen sind zwischen 2007 und 2020 die Vermögen gestiegen. Samuel Meyer erklärt: «Obwohl die Corona-Krise zu einem kurzfristigen Rückgang des BIP geführt hat, sind die Vermögen gestiegen.» Trotz der Finanzkrise 2008 und der Coronakrise 2020, die die Finanzmärkte kurzzeitig beeinträchtigten, nahm die Zahl der Millionäre weiter zu, begünstigt durch steigende Aktienkurse und Immobilienpreise.
Folglich ist die Anzahl der Vermögensmillionäre in der Schweiz von 2007 bis 2020 um 72% auf über 374’000 Haushalte gestiegen. Anteilig wohnen nach wie vor am meisten Millionäre im Kanton Zug (14,8%), gefolgt von Schwyz (13,7%), Appenzell-Innerrhoden (12,3%), Nidwalden (11%) und Zürich (9,7%). Das Gesamtvermögen der Millionäre wuchs seit 2007 um über 90% auf rund 1 600 Mrd. CHF, und das durchschnittliche Vermögen pro Millionär stieg um 12,2%.
Das Einkommensplus ist real
Ob für die Millionärin oder den Teilzeit-Angestellten in tieferen Lohnbereich stellt sich letztlich die Frage: Hat die Inflation das Plus in der persönlichen Buchhaltung wegradiert? Nein, sagen die Zahlen im untersuchten Zeitraum. Zwischen 2007 und 2020 sind – mit Ausnahme 2008 – die mittleren Reineinkommen immer stärker gestiegen als die Inflation. Im Krisenjahr 2020 war gar eine Deflation zu konstatieren. Umgerechnet auf den Kontostand hat sich das mittlere Reineinkommen 2007-2020 um acht Prozent erhöht, konkret um 4000 CHF auf 53’100. Über die Auswirkungen der ab 2022 aufkommenden Inflation werden die nächsten Studien des Bank Cler Swiss Income Monitor berichten.
Die wichtigsten Ergebnisse des Bank Cler Swiss Income Monitor auf einen Blick:
- Datengrundlage ist das Reineinkommen pro Schweizer Haushalt auf kantonaler Ebene für die Jahre 2007 bis 2020 von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV).
- Die mittleren Einkommen sind in der Schweiz von 2007-2020 im Durchschnitt um 4800 CHF gestiegen.
- Der durchschnittliche Schweizer Haushalt verdient 9,8% mehr.
- Der Kanton Zug (115 300 CHF) hat das höchste Durchschnittseinkommen.
- Das Jura (54 700 CHF) und Wallis (54 100 CHF) haben die tiefsten durchschnittlichen Einkommen.
- Die Anzahl der Vermögensmillionäre stieg zwischen 2007 und 2020 um beachtliche 72% auf mehr als 374’000.
Verglichen werden im BCSIM die durchschnittlichen Einkommen aller Schweizer Haushalten sowie, als zweite Vergleichszahl, die mittleren Einkommen, der sogenannte Median, wo statistisch die Verzerrung durch einzelne Spitzenverdiener herausgerechnet sind. Beide Werte zeigen noch oben: Im Pandemie-Jahr 2020 ist ein Einkommenszuwachs von 600 Franken Fakt, der Medianhaushalt hat einen Zustupf von 300 Franken erhalten.