Zürich – Eine Gruppe von Schweizer Ökonomen hat sich in die Diskussion um die geldpolitische Strategie der Schweizerischen Nationalbank (SNB) eingeschaltet. Sie fordern von der SNB-Führung unter Präsident Thomas Jordan ein höheres Inflationsziel und mehr Fokus auf den Wechselkurs.
Die drei Ökonomen agieren unter dem Namen «SNB-Observatory» und haben am Mittwoch ihre Empfehlungen der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu ihnen gehören Yvan Lengwiler, Professor an der Uni Basel, Charles Wyplosz, emeritierter Professor aus Genf, und Stefan Gerlach, Chefökonomen der Privatbank EFG und früher stellvertretender Gouverneur der Zentralbank von Irland.
Die drei fordern in einem Papier, das auf ihrer Homepage (https://snb-observatory.ch) aufgeschaltet ist, drei «leicht umsetzbare Verbesserungen» der aktuellen Strategie der Nationalbank. Das aktuelle geldpolitische Konzept der SNB besteht bekanntlich aus drei Elementen: einer Definition der Preisstabilität, einer mittelfristigen Inflationsprognose und dem SNB-Leitzins. Letzterer ist dabei so stark im Minus, dass die SNB für weitere Zinssenkungen kaum mehr Spielraum hat.
Inflationserwartungen anheben
Unter anderem sollte die SNB gemäss dem Papier ihre «Inflations-Komfortzone» von 0 bis 2 Prozent durch ein Inflationsziel ersetzen, das bei 2 Prozent zentriert sei. Dieses Ziel sollte mittelfristig im Durchschnitt erreicht werden. Ähnlich Bestrebungen hat zuletzt auch die US-Notenbank Fed in Angriff genommen.
Weiter sollte die SNB gemäss den Ökonomen regelmässig eine quantitative Umfrage zu den Inflationserwartungen veröffentlichen. Die hiesigen Zentralbanker müssten ausserdem deutlich machen, dass eine Inflation unterhalb des 2%-Ziels ebenso unerwünscht sei wie eine Inflation darüber und dass Deflation ein ernstes Problem darstelle. Sie sollten die Erwartungen der Öffentlichkeit daher über alle ihre Kommunikationskanäle in die Nähe des Inflationsziels lenken.
Laut SNB-Observatory würden diese Massnahmen bereits zu einem gewissen Grad helfen, allerdings – so glauben sie – könnten auch tiefergehende Änderungen erforderlich sein, damit die SNB die monetäre Kontrolle wiedererlangen könne. Vor allem die Rolle des Wechselkurses in der geldpolitischen Praxis der SNB sei unklar geworden, meinen sie. Es könnte daher notwendig sein, den Wechselkurs als eine wichtige Komponente in das Regelwerk der SNB aufzunehmen. Implizit tut die SNB dies bereits, indem sie in den letzten Jahren Devisen in Milliardenhöher aufgekauft hat und damit einen zu starken Anstieg des Frankens verhindert hat.
Strategie überprüfen
Die SNB sollte daher eine Überarbeitung ihre Strategie überprüfen und anerkennen, dass der Wechselkurs mittlerweile zu ihrem vorrangigen Anliegen geworden sei, heisst es weiter in dem Bericht. Dies würde eine Formalisierung und Erläuterung ihres Wechselkursziels sowie der Mittel zur Erreichung dieses Ziels beinhalten.
Die öffentliche Debatte über die Geldpolitik sei nicht nur aus grundsätzlichen demokratischen Erwägungen wichtig, meinen die Ökonomen; sondern es gehe auch darum, dass die SNB ihre Ansichten erläutern und die Meinungen der Öffentlichkeit, der sie diene, anhören könne. Die Gruppe habe sich daher zum Ziel gesetzt, eine solche konstruktive, auf Fakten und Wirtschaftswissenschaft basierende Debatte zu fördern. (awp/mc/pg)