Schweizer Privatbanken auf der Suche nach neuen Pricing- und Beratungsmodellen
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Zürich – Schweizer Privatbanken stehen aktuell vor der grossen Herausforderung, für ihre unter Druck geratenen traditionellen Geschäftsmodelle adäquate Pricing-Systeme und damit auch neue Beratungsmodelle zu finden. Zwar haben es die Institute in der Vergangenheit verstanden, durch ihre starke Marktstellung im internationalen Vergleich relativ hohe Preise und Margen zu erzielen. Mit der Einführung neuer regulatorischer Vorschriften (insbesondere FIDLEG, MiFID II) in den nächsten Jahren sowie wegfallenden Erträgen aus Retrozession dürfte sich die Pricing-Kompetenz bestehender Schweizer Modelle jedoch überleben.
Benötigt werden neue Vergütungsmodelle, die den Kunden höhere Zahlungen abverlangen und gleichzeitig eine deutliche Verbesserung der Beratungsqualität mit sich bringen. Zu diesem Ergebnis kommt die jährlich durch zeb durchgeführte internationale Studie zum Reifegrad bei europäischen Finanzdienstleistern im Preismanagement, an der sich über 170 Entscheider aus den Bereichen Top-Management, Marketing, Vertrieb sowie Vertriebs- und Produktmanagement beteiligt haben, darunter 26 aus der Schweiz.
Norman Karrer, Managing Director zeb.Schweiz, erläutert: „Die rasch ansteigenden und umfangreichen regulatorischen Anforderungen an Schweizer Privatbanken fordern diese auch auf der Beratungs- und Pricing- Seite enorm heraus. Erste Institute haben bereits auf den Wandel ihrer Geschäftsgrundlagen reagiert und angefangen, ihre Pricing- und damit auch Beratungsmodelle anzupassen. Allerdings wird es nicht genügen, einfach die Gebühren zu erhöhen.“
Hohe Preiskompetenz Schweizer Privatbanken
In der Vergangenheit ist es Schweizer Privatbanken erfolgreich gelungen, im Rahmen ihrer Beratung hohe Preise und Margen zu erzielen. Im internationalen Vergleich lagen ihre Bruttomargen im Durchschnitt um ca. 20 Basispunkte über denjenigen der europäischen Konkurrenz. Dies lag nicht allein an einer geringeren Preissensibilität von (steuerneutralen) Kunden. Viele Schweizer Banken verfügen im Vergleich zu ausländischen Banken über eine hohe Preiskompetenz. So ergab der Blick auf die Preisgrade ausgewählter Pricing-Aspekte Schweizer Privatbanken einen hohen Anteil an Pricing-Champions im Geschäftsfeld Private Banking.
Besonders in den Feldern Marktpositionierung und Gewinnorientierung sowie im Hinblick auf die Etablierung einer Pricing-Abteilung konnten Schweizer Anbieter punkten. Parallel haben viele Schweizer Anbieter ihre Erlös-/Pricing-Modelle in den letzten Jahren konsequent weiterentwickelt. In allen Bausteinen eines erfolgreichen Pricings – sowohl bei der Festlegung des preisstrategischen Rahmens, der Preisfindung, der Preisdurchsetzung als auch dem Preiscontrolling – setzen Schweizer Institute bis heute oft wirksamere Instrumente ein als ihre europäische Konkurrenz.
Umsetzung der Pricing-Konzepte verbesserungswürdig
Deutliches Potenzial für Verbesserungen besteht nach Ergebnissen der zeb-Pricing-Studie dagegen in der Umsetzung der Konzepte im Tagesgeschäft. Ebenso gelingt es vielen Schweizer Banken nicht, das in der Schweiz durchaus erfolgreiche Pricing-Instrumentarium wirksam bei ausländischen Tochtergesellschaften im Onshore-Markt einzusetzen. Dies gilt insbesondere für den wichtigen Markt Deutschland. Zahlreiche Instrumente sind nur wirksam, wenn sie an die lokale Marktsituation angepasst werden und bedingen eine fundierte Kenntnis der lokalen Situation. Die verhältnismässig kleinen Tochtergesellschaften in Deutschland sind nach Ergebnissen der Studie nicht in der Lage, diese Kenntnis eigenständig aufzubauen. Gleichzeitig verfügen die Schweizer Zentralen oft nicht über die notwendigen lokalen Marktkenntnisse.
Herausforderungen im Pricing annehmen und meistern
Die aktuellen Pricing-Systeme sind auf die bestehenden Geschäftsmodelle ausgerichtet. In den nächsten Jahren werden diese durch neue regulatorische Vorgaben wie die Einführung der Regelungen zu MiFID II, FIDLEG oder auch wegfallende Erträge aus Retrozession zunehmend unter Druck geraten. Benötigt werden nach Ansicht von zeb neue beratungsbasierte Beratungs- und Vergütungsmodelle, die dem Kunden angemessene, auf einem klaren Mehrwert basierende Zahlungen abverlangen. „Dies tangiert besonders auch den Umgang mit Sonderkonditionen/Preisnachlässen in Beratungssituationen. Diese sollten – und Pricing- Champions machen dies vor – immer an Cross-Selling-Versprechen geknüpft und zeitlich befristet sein“, so Dr. Peter Klenk, Senior Manager bei zeb und Autor der Pricing-Studie.
Die angepassten Modelle sollten deutlich über die Entwicklung einer neuen Preistabelle hinausgehen. So kann die Zahlungsbereitschaft nach zeb-Erfahrung in breiten Kundenschichten nur dann erreicht werden, wenn dem Kunden mit der Einführung der neuen beratungsbasierten Pricings eine deutliche Verbesserung der Beratungsqualität aufgezeigt und diese auch nachhaltig sichergestellt wird. Das neue Preismodell sollte daher nach Ansicht von zeb stets von deutlichen Investitionen in die Beratungsplattform des jeweiligen Instituts begleitet werden. (zeb/mc)