Bern – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat von einem optimalen Umfeld profitiert und im vergangenen Jahr einen hohen Gewinn erzielt. Nun stellt sie neben den vereinbarten 2 Milliarden Franken eine Zusatzausschüttung an Bund und Kantone in Aussicht.
Gemäss provisorischen Berechnungen hat die SNB 2019 einen Gewinn von rund 49 Milliarden Franken erzielt. Der Löwenanteil des Gewinns entfiel mit 40 Milliarden auf die Fremdwährungspositionen. Auf dem Goldbestand resultierte derweil ein Bewertungsgewinn von 6,9 Milliarden, und der Erfolg auf den Frankenpositionen (mehrheitlich Negativzinsen) belief sich auf rund 2 Milliarden Franken.
Hintergrund des Ergebnisses im letzten Jahr war ein für die Finanzmärkte fast perfektes Umfeld. So hatte etwa die US-Notenbank Fed wegen der politischen und konjunkturellen Unsicherheiten Anfang 2019 die Geldpolitik gelockert, und die Europäische Zentralbank war ihr später gefolgt. Die Folge war ein deutlicher Rückgang der Zinsen, der sowohl die Aktien- wie auch die Anleihenmärkte beflügelte.
Hoher Buchgewinn auf Aktienportfolio
Die SNB dürfte gemäss einer Schätzung der UBS allein auf ihrem Aktienportfolio einen (Buch)gewinn von rund 35 Milliarden erzielt haben. Die Kursgewinne bei den Anleihen dürften der SNB weitere über 10 Milliarden in die Kassen gespült haben. Dazu kamen Couponzahlungen und Dividenden von gegen 15 Milliarden Franken. Einzig die Aufwertung des Frankens gegenüber Euro und US-Dollar dürfte das Ergebnis um rund 18 Milliarden geschmälert haben. Zusammen mit den 7 Milliarden Gewinn auf dem Goldbestand ergäben sich die genannten 49 Milliarden.
Da das SNB-Ergebnis vor allem von der Entwicklung der Finanzmärkte abhängt, kam es auch nicht überraschend und wurde von Ökonomen auch auf etwa die nun erzielte Grösse geschätzt. Nach neun Monaten war der Gewinn mit 51,5 Milliarden gar noch höher gewesen, nun kam im vierten Quartal also noch ein Verlust von rund 2,5 Milliarden Franken dazu.
Grosse Schwankungen
Dies zeigt auch, dass das Ergebnis durchaus auch einmal negativ ausfallen kann. Das letzte Jahr etwa, als die Finanzmärkte vor allem in der zweiten Jahreshälfte sich relativ schwach entwickelten, bescherte der SNB einen Verlust von fast 15 Milliarden Franken. 2017 war der Gewinn mit über 54 Milliarden Franken hingegen noch höher gewesen als 2019.
Das Ergebnis ist bekanntlich vor allem eine Folge der SNB-Geldpolitik. Um den Franken zu schwächen bzw. nicht zu stark werden zu lassen, hat die Nationalbank neben der Einführung der Negativzinsen vor allem ihre Devisenreserven in den vergangenen Jahren stark erhöht und damit Anleihen und Aktien in verschiedenen Währungen gekauft. Aktuell belaufen sich die Devisenanlagen in Form vor allem von Aktien und Anleihen der SNB auf umgerechnet rund 770 Milliarden Franken.
Dividende und Zusatzausschüttung
Der 2019er Gewinn ermöglicht laut den heutigen SNB-Angaben eine Dividendenzahlung von 15 Franken pro Aktie, was dem im Gesetz festgesetzten maximalen Betrag entspricht, sowie eine Gewinnausschüttung an Bund und Kantone von 1 Milliarde. Den Körperschaften steht zudem eine zusätzliche Ausschüttung von 1 Milliarde Franken zu, da die Reserve den für die Zusatzausschüttung geforderten Betrag von 20 Milliarden übersteigt.
Der Betrag von zusammen 2 Milliarden geht zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone. Nach diesen Auszahlungen wird die Ausschüttungsreserve laut den SNB-Angaben dann noch rund 86 Milliarden Franken betragen.
Dieser hohe Betrag ermögliche es der Nationalbank, heisst es weiter in der Mitteilung, die Ausschüttungen an Bund und Kantone für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 «in begrenztem Ausmass und nach den gewohnten Prinzipien» über die vereinbarten Beträge hinaus zu erhöhen.
Politische Begehrlichkeiten
Diese Wortwahl dürfte von der SNB so getroffen worden sein, um die Erwartungen der Politik nicht ins Unermessliche steigen zu lassen. Sollte das Ergebnis in diesem Jahr nämlich stark negativ ausfallen, würde auch die Ausschüttungsreserve wieder schnell deutlich sinken.
Begehrlichkeiten gibt es durchaus. So erkundigte sich der Tessiner Lega-Nationalrat Lorenzo Quadri letzten Herbst, ob der Bundesrat nicht eine höhere Gewinnausschüttung anstrebe. Peter Keller (SVP/NW) regte an, dass SNB-Gewinne aus Negativzinsen über den Schuldenabbau oder die AHV an die Bevölkerung zurückgezahlt werden. Thomas Matter (SVP/ZH) forderte, der AHV einen Teil des gewachsenen Eigenkapitals zukommen zu lassen.
Gemäss Verfassung geht der Nationalbank-Gewinn zu mindestens zwei Dritteln an die Kantone. Das Drittel, das dem Bund zusteht, fliesst in die Bundeskasse und ist nicht zweckgebunden. Für eine spezifische Verwendung müsste eine rechtliche Grundlage geschaffen werden, stellte das Finanzdepartement (EFD) auf Anfrage klar.
Zunächst müssen sich SNB und EFD aber über die Höhe der Zusatzausschüttung einigen. Dafür soll die aktuelle – noch bis und mit Geschäftsjahr 2020 laufende – Vereinbarung ergänzt werden. Über die Resultate der Gespräche mit der SNB und das weiteren Vorgehen werde zu gegebener Zeit informiert, teilte das EFD mit. Für Ausschüttungen für die Geschäftsjahre 2021 bis 2025 wird im Lauf des nächsten Jahres eine neue Vereinbarung abgeschlossen. (awp/mc/pg)