Zürich – Wirtschaftliches Wachstum gilt fast überall auf der Welt als eines der Hauptziele staatlicher Wirtschaftspolitik. Wachstum, so wird argumentiert, zeichne eine starke Wirtschaft aus, die wiederum von einem prosperierenden Finanzsektor gespiesen werde. Mit der jüngsten Finanzkrise wurde allerdings das Vertrauen in eine krisenresiliente Finanzindustrie getrübt. Über die Ursachen der wirtschaftlichen Verwerfungen im Finanzsektor und über die Rahmenbedingungen eines gesunden Wirtschaftswachstums diskutierten hochkarätige Protagonisten aus Industrie und Forschung im Rahmen der gestrigen Jahreskonferenz des Swiss Finance Institute (SFI) im Zürcher Kunsthaus.
Das Zürcher Kunsthaus diente am Mittwoch für einmal nicht als Ort der schönen Künste, sondern als Wissensaustausch-Plattform für Praktiker und Akademiker aus der Finanzindustrie. Vor mehr als 300 Teilnehmenden diskutierten hochkarätige Protagonisten aus Industrie und Forschung im Rahmen der Jahreskonferenz des Swiss Finance Institute (SFI) das Thema «Wachstum im Spannungsfeld der Kredit- und Schuldenwirtschaft».
Ermotti: Technologische Entwicklung als künftiger Wachstums-Treiber
Den Auftakt der Konferenz bildete das Referat von Sergio P. Ermotti, Group Chief Executive Officer, UBS Group AG. Er thematisierte die zahlreichen Einflussfaktoren, die den Geschäftsgang – und damit letztlich das Wachstumspotenzial – der Schweizer Banken beeinflussen. Während sich das aktuelle Negativzinsumfeld sowie regulatorische Hürden belastend auswirken, benannte der UBS-CEO die technologische Entwicklung, namentlich die Digitalisierung, Artificial Intelligence oder das Cloud Banking sowie das Wissenskapital der Beschäftigten als Treiber für künftiges Wachstum in der Bankenwelt.
Im Anschluss an seine Ausführungen referierte der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Professor Bengt Holmström vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er identifizierte in seinen Ausführungen die weltweite Knappheit an «sicheren» Anlagen als Schlüsselfaktor für die anhaltende Negativzinspolitik der Zentralbanken und führte diesen Umstand unter anderem auch auf eine systembedingte Informationsasymmetrie innerhalb der Investorengemeinde zurück.
Globale Verschuldung auf historischem Höchststand
Swiss Finance Institute-Professor Jean-Charles Rochet von der Universität Genf betonte in seinem anschliessenden Referat, dass die globale Verschuldung einen historischen Höchststand erreicht hat, was neue Fragen aufwerfe. Professor Rochet lieferte anhand aktueller Forschung der SFI-Fakultät Antworten dazu. So untersuchten SFI-Forschende beispielsweise die Auswirkungen der Verschuldung von Unternehmen auf deren Innovations- und Wachstumskraft, die Folgen der Bankenregulierung Basel III auf die Widerstandsfähigkeit der Finanzindustrie im Besonderen sowie auf das das BIP-Wachstum generell, wie hoch die maximale Staatsverschuldung sein darf und ob die Dominanz des US-Dollars im Schuldenmarkt anhalten werde. Der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinung, Herbert J. Scheidt, betonte anschliessend die Bedeutung des Bankensektors, welchen er als ausgesprochen wettbewerbsfähig bezeichnete. Die Schweizer Banken seien eine wichtige Säule für die Schweizer Wirtschaft. Nicht nur wegen ihrer Rolle als Arbeitgeber, Steuerzahler und Motor für die Volkwirtschaft.
SFI-Stiftungsratspräsident Dr. Romeo Cerutti von der Credit Suisse Group AG veranschaulichte schliesslich in seinem Schlusswort nochmals die Bedeutung des SFI als verbindendes Element zwischen der Finanzwirtschaft und der Finanzwissenschaft und bekräftigte den für den Schweizer Finanzplatz verbundenen Mehrwert, der aus der engen Verzahnung von Industrie und Forschung resultiert. (SFI/mc)