St. Gallen – Das britische Parlament, die britische Regierung um Premierminister Johnson sowie die EU ringen nach knapp drei Jahren weiter um einen geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Vor lauter Debatten im Parlament und Entscheidungen des höchsten Gerichts über legales oder eben illegales Vorgehen des Premierministers lohnt sich wieder einmal ein Blick auf die Realwirtschaft. Wie geht es dieser?
Im Vereinigten Königreich zeigte sich bei der jüngsten Umfrage unter den Managern im Dienstleistungssektor ein schwaches Bild. Der Index fiel unter die Marke von 50 Punkten, was auf einen Rückgang in diesem Sektor hindeutet. Sowohl das bestehende Geschäft wie auch die Erwartungen der Manager an neue Geschäfte zeigten sich deutlich gedämpft. Viele Kunden verschoben aufgrund der Unsicherheit ob eines harten Brexits ihre Bestellungen. Vor allem aber zeigten sich die Manager erstmals zurückhaltend bei der Einstellung neuer Mitarbeiter. Zum ersten Mal seit langem wurden gemäss der Umfrage mehr Jobs ab- als aufgebaut.
Internationale Kunden besorgt
Die Umfrage untermauert die These, dass insbesondere internationale Firmen langsam aber sicher ihre Geschäfte verschieben und ihre Notfallpläne aktiviert haben. Dies trägt erheblich zur gedämpften Stimmung bei. Auf der anderen Seite sind die Kosten aufgrund des schwachen Pfunds ständig am Steigen. Vor allem Güter aus dem Ausland werden teurer, da das Pfund immer weniger Wert hat. Dies drückt auf die Konsumentenstimmung und dämpft den Konsum.
Der Dienstleistungssektor hat sich allerdings lange Zeit stabil gehalten. Der Bau- und vor allem auch das verarbeitende Gewerbe zeigten schon seit längerem deutliche Bremsspuren. Nun hat es auch den meist sehr robusten Dienstleistungsbereich erwischt, was nichts Gutes für die britische Wirtschaft bedeutet.
Wie die Geschichte um den Brexit ausgehen wird, ist weiter offen. Bis am 19. Oktober muss Premierminister Boris Johnson ein mehrheitsfähiges Paket geschnürt haben, ansonsten droht eine weitere Verschiebung des Austrittsdatums. Zwar will er gegenüber der EU die Drohkulisse eines harten Brexits per 31. Oktober aufrechterhalten. Allerdings hat ihm das Parlament hier mit einem Gesetz klar die Hände gebunden. Will er wie versprochen den Brexit am 31. Oktober liefern, muss er noch einige Überzeugungsarbeit leisten.
Pfund weiterhin schwach
Das britische Pfund zeigt sich ob der unsicheren Situation weiter schwach. Zwar hat es sich von seinem Tief von Mitte August etwas erholt. Doch seit Bekanntgabe des Brexits vor rund drei Jahren hat die Währung über 20% gegenüber dem Euro eingebüsst. (SGKB/mc/ps)