SGKB investment views: Budgetdefizite – Schlecht für das Land, gut für den Obligationenmarkt

SGKB investment views: Budgetdefizite – Schlecht für das Land, gut für den Obligationenmarkt
Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Im Ende September zu Ende gegangenen Fiskaljahr ist das US-Budgetdefizit auf 984 Mrd Dollar gestiegen. Das sind 205 Mrd Dollar mehr als im Jahr zuvor und 4.6% des BIP. Die Verschuldung der USA beträgt mittlerweile 18’000 Mrd Dollar oder 75% des BIP. Die Vereinigten Staaten würden die Stabilitätsvorgaben der EU für die Mitglieder der Eurozone bei weitem nicht mehr erfüllen.

Ein Defizit von einer Billion US-Dollar hat zur Folge, dass der Bestand an ausstehenden US-Staatsanleihen im ähnlichen Umfang zugenommen hat. Der Kapitalmarkt hat dieses zusätzliche Angebot problemlos absorbiert. Die Zinsen in den USA sind deswegen nicht angestiegen. Im Gegenteil: Die Angst vor einer globalen Rezession hat die Investoren bei den «sicheren» Treasuries zugreifen lassen, obwohl die Rendite über ein Prozent tiefer ist als noch vor einem Jahr.

Überschüsse in der Schweiz – unattraktiver Schweizer Obligationenmarkt
Die Entwicklung in der Schweiz läuft direkt entgegengesetzt. Der Bund erzielte in den letzten Jahren regelmässig Budgetüberschüsse und die Verschuldung der Eidgenossenschaft ist auf 93 Mrd. Franken oder 16% des BIP gesunken. Unter Berücksichtigung der Verschuldung der Kantone und Gemeinden beläuft sich die Schuldenquote der öffentlichen Hand auf rund 40%. Die Schweiz würde in der Eurozone zu den fiskalischen Musterschülern zählen.

Die Disziplin im Staatshaushalt hilft der Stabilität und dem Vertrauen in die Schweiz und ihrer Wirtschaft, wird aber zum Problem für den Schweizer Obligationenmarkt. Das Volumen ausstehender Anleihen der Eidgenossenschaft nimmt laufend ab, was der Liquidität im Handel mit diesen Anleihen schadet. Kommt hinzu, dass mehr als die Hälfte der Eidgenossen von Versicherungen als Langfristanlage gehalten werden und so dem Markt entzogen sind. Das führt zu verschiedenen Problemen. Zum einen wird es immer schwieriger, grössere Summen in Schweizer Obligationen zu investieren. Anleihen mit einem ausstehenden Volumen von mehr als zwei Mrd. Franken sind selten geworden. Das macht den Markt für Franken-Anleihen für grosse institutionelle Investoren unattraktiv.

Stärkung des Obligationenmarktes durch SNB
Die fehlenden Marktteilnehmer und die damit verbundene fehlende Liquidität machen den Schweizer Obligationenmarkt anfällig auf irrationale Preissprünge, vor allem in unsichereren Zeiten. Ein Vorgeschmack darauf war im vierten Quartal 2018 zu sehen. Zum anderen wird es immer schwieriger, die gesamte Zinskurve mit quasi kreditrisikolosen Staatsanleihen abzubilden. Den risikobehafteten Unternehmensanleihen fehlt damit der Anker für die Preisbildung und eine faire Abbildung der Entschädigung des Kreditrisikos. All diese Faktoren führen dazu, dass der Schweizer Obligationenmarkt an Bedeutung verliert. Momentan ist das wirtschaftlich kein grosses Problem, da die Gewinne der Unternehmen sprudeln und ihr Finanzierungsbedarf gering ist. Das kann sich aber auch wieder ändern.

Eine Möglichkeit, den Obligationenmarkt zu stärken, schlummert in der Bilanz der SNB. Wenn sich die SNB dazu entscheiden wird, der Schweizer Wirtschaft die überschüssige Liquidität wieder zu entziehen, wird sie dies nicht durch den Abbau der Devisenreserven tun können. Der dazu notwendige Rückkauf von Franken über den Markt wird nicht möglich sein, ohne den Wert des Frankens nach oben zu treiben. Der SNB steht aber der Weg über die Emission von SNB-Bills zur Verfügung, den sie schon vor der Einführung des Euro-Mindestkurses beschritten hat. Die SNB wird problemlos in der Lage sein, solche SNB-Anleihen in Milliardenhöhe am Markt zu platzieren. Es würde Sinn machen, mit der Staffelung solcher SNB-Bills die Zinskurve abzudecken und so auf dem Schweizer Obligationenmarkt eine kreditrisikolose und liquide Ergänzung zu den Eidgenossen-Anleihen zu etablieren. (SGKB/mc)

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