SGKB Investment views: Chinas Regierung macht hilflosen Eindruck
Von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank (SGKB). (Foto: SGKB)
St. Gallen – China wurde von der Finanzkrise nicht verschont. Das BIP sank 2009 von 11.2% auf für chinesische Verhältnisse tiefe 6.2%. Bereits im Jahr darauf folgte die eindrückliche Erholung auf 12%. Die Basis dafür waren unter anderem beherzte und konsequente Massnahmen der Regierung und der Zentralbank. Die Regierung beschloss ein Investitionsprogramm und setzte dieses in kurzer Zeit um. Die chinesische Zentralbank (PBoC) senkte den Leitzins innert zwei Monaten von 7.47% auf 5.31%. Das Vorgehen hinterliess einen souveränen und geordneten Eindruck, was die Investoren beruhigte. In der aktuell schwierigen Situation sieht es leider anders aus. Die Behörden reagieren hektisch und scheinbar unkoordiniert.
Offiziell wächst das BIP in China mit 7.0%. Verschiedene schwache Indikatoren wie der Einbruch im Aussenhandel, der Verbrauch von Strom oder der von privater Seite erhobene Einkaufsmanagerindex deuten darauf hin, dass die offiziellen Zahlen nicht die ganze Wahrheit erzählen.
China bleibt eine Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft
So dramatisch wie die Lage verschiedentlich dargestellt wird, ist sie aber nicht. Der Umbau der Wirtschaft von einer industrialisierten zu einer mehr konsum- und dienstleistungsorientierten Struktur lässt sich nicht ohne eine vorübergehende Schwächung bewerkstelligen. Der offensichtlich geführte Kampf gegen die Korruption führt auch zu Verwerfungen, ist aber mittel- und langfristig ein positives Zeichen. China wird in Zukunft nicht mehr zu zweistelligen Wachstumsraten zurückfinden. Dazu ist die Entwicklung des Landes zu weit fortgeschritten. Aber auch mit einer BIP-Zunahme von 6-7% wird das Land eine Lokomotive für die Weltwirtschaft bleiben.
Kaum Vertrauen in die Marktkräfte
Problematischer ist, dass die Regierung offensichtlich nicht mehr sicher ist, dass ihr Weg der Richtige ist. Sie hinterlässt einen nervösen Eindruck. Auf den Einbruch der Aktienkurse, übrigens nach einer von der Regierung angestossenen Verdreifachung der Kurse innert eines Jahres, reagiert sie mit immer neuen und immer wie skurileren Massnahmen.
Mehr Ordnung bitte!
Verkaufsverbote und ähnliches machen auf Dauer keinen Sinn und zeugen nicht von einem grossen Vertrauen in die Marktkräfte. Auch die PBoC hinterlässt zurzeit keinen guten Eindruck. Weil Zinssenkungen offensichtlich kurzfristig zu wenig Wirkung zeigen, wird die Währung abgewertet. Um das Offensichtliche zu verschleiern, schwafelt sie von einer Anpassung an die Marktkräfte. Vieles erinnert an die früheren Zeiten sowjetischer und chinesischer Regierungen, als alles schön geredet wurde und der Staat alles steuern wollte. Dass dies auf Dauer nicht funktioniert, zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher. Es ist zu hoffen, dass die Behörden in Peking rasch wieder zu mehr Ordnung zurückfinden. (SGKB/mc/ps)