SGKB Investment views: Das kleine Virus und die grossen Märkte
St. Gallen – Die Liveticker melden stündlich neue Fälle von Erkrankungen durch das Coronavirus. Immer zahlreicher werden die Länder, die auch Ansteckungen melden. Bilder von abgeriegelten und faktisch stillgelegten Millionenstädten in China machen die Runde. Die Schätzungen des wirtschaftlichen Schadens gehen in die Milliarden. Dass auch die Anleger verunsichert sind, überrascht da nicht. Neu ist eine solche Situation aber nicht.
In der jüngeren Vergangenheit gab es immer wieder Ausbrüche von ansteckenden Krankheiten. Vergleichbar ist etwa die SARS-Epidemie in China von 2003 und der Ausbruch der Schweinegrippe in Mexiko 2009. EbolaEpidemien treten regelmässig auf. Der aktuelle Ausbruch von 2019 hat bereits mehr als 2000 Tote gekostet. Solange sich Ebola auf Ostafrika beschränkt und nicht nach Europa oder die USA überschwappt wie 2014, interessieren sich die Finanzmärkte jedoch nicht dafür.
Die SARS-Krankheit ist bereits Ende 2002 in China ausgebrochen. Bekannt und zu einem Thema wurde sie jedoch erst im März 2003, als in Hong Kong die Erkrankungen rasant anstiegen. Die Krankheit breitete sich rasch rund um die Welt aus. Vor allem in Südostasien und Kanada waren viele Fälle zu verzeichnen. Die Massnahmen zur Eindämmung der Krankheit führten dazu, dass im Sommer 2003 die Zahl der neuen Erkrankungen nur noch klein war.
2003: SARS und die kaum spürbaren wirtschaftliche Effekte
Die Finanzmärkte hatten auf den Ausbruch von SARS klassisch reagiert. Der Swiss Performance Index verlor im März 2003 innerhalb von ein paar Tagen rund 10%. Anzufügen ist, dass er durch das vorangegangene Platzen der Dot-ComBlase stark angeschlagen war und bereits 45% unter dem Höchststand notierte. In der zweiten Märzhälfte holte er den SARS-Einbruch jedoch rasch wieder auf und startete danach ein riesiges Rally. Besonders betroffen vom SARS-Einbruch waren die Aktien der Luxusgüterhersteller. Swatch verlor rund 17%, bevor die Erholung einsetzte. Die Zinsen sanken ebenfalls. Die Rendite der 10-jährigen Eidgenossen-Anleihe fiel von 2.26% auf aus heutiger Sicht fast unvorstellbar hohe 2.00%, stieg dann aber mit der Trendwende an den Aktienmärkten wieder über das alte Niveau hinaus an. Der Franken wurde dagegen nur geringfügig stärker.
Wirtschaftlich ist der SARS-Ausbruch von 2003 in den Statistiken nicht ersichtlich. Das Wachstum in China erlebte im ersten Quartal 2003 einen wahren Schub von 9% auf 11%. Im zweiten Quartal fiel es auf 9% zurück. Wieweit diesen Angaben zu trauen ist, ist eine offene Frage. Die am stärksten betroffenen Länder ausserhalb Chinas wie Taiwan oder Singapur reagierten vorsorglich mit einer Abwertung ihrer Währung und hielten so den Schaden in Grenzen. In den westlichen Ländern blieben die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft marginal.
Heute: Stärkere globale Vernetzung
Ich bin mir bewusst, dass die Ausgangslage heute nicht mehr die gleiche ist. Die chinesische Wirtschaft ist viel stärker mit dem Westen verbunden und durch ihre Grösse für die Weltwirtschaft wichtiger. Die Aktienmärkte befinden sich auf einem Allzeithöchst und die Luft in diesen Höhen ist dünner. Wenn es gelingt, die Ausbreitung des Coronavirus in den nächsten Monaten unter Kontrolle zu bringen, werden die wirtschaftlichen Auswirkungen aber auch diesmal überschaubar bleiben. Die Unsicherheit wird in den nächsten Tagen und Wochen aber noch zunehmen und die Aktienmärkte unter Druck bringen. Eine Korrektur zwischen 5% und 10% auf Indexebene ist möglich, wenn die Zahl der Erkrankten rasch ansteigen sollte und auch im Westen drastische Massnahmen ergriffen werden. Besonders leiden werden wiederum die Reisebranche und die Luxusgüter-Aktien. Nach dem ersten Schreck werden die Anleger aber auch diesmal rasch wieder zur Normalität zurückkehren und die Finanzmärkte sich neuen Themen widmen.
Die tieferen Kurse wären dann gute Einstiegsmöglichkeiten. (SGKB/mc/ps)