St. Gallen – Im Dezember 2015 hat die Fed erstmals seit der Finanzkrise ihre Leitzinsen angehoben. Im Vorfeld ist der Kurs des Dollars zum Franken von 0.95 auf 1.03 gestiegen. Die Aussicht auf eine sich ausweitende Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa hat die Phantasie für den Greenback in absurde Höhen steigen lassen. Prognosen für den Dollarkurs von 1.20 oder mehr machten die Runde. Mittlerweile sind die Dollarzinsen für dreimonatige Anlagen 3.5% höher als der Zins im Franken. Der Dollar ist trotzdem nicht über die 1.03 hinausgekommen.
Die Angst vor einer Abschwächung der US-Wirtschaft bis hin zu einer Rezession hat im Dezember die Marktmeinung über die Zinspolitik der Fed grundlegend geändert. Statt von weiteren Zinserhöhungen geht der Finanzmarkt nun von einem Ende des Zinserhöhungszyklus aus. Teilweise wird sogar schon von ersten Zinssenkungen in diesem Jahr gesprochen. Die Prognosen für den Dollar gehen nun in die andere Richtung. Vor grösseren Kursverlusten wird gewarnt. Der Dollarkurs ist im Dezember zum Franken von 1.01 auf 0.97 gesunken. Mehr ist nicht passiert.
Pro US-Dollar: Zinsdifferenz und Wirtschaftswachstum
Wer seine Prognose für den Dollar alleine mit der Veränderung der Zinsdifferenz begründet, macht es sich zu einfach. Anlagen in Dollar-Obligationen sind aktuell sicher attraktiver als Anleihen in Euro oder in Franken. Die Zinsdifferenz ist im historischen Vergleich überdurchschnittlich gross. Die Zinsdifferenz ist ein wichtiges Argument, aber nicht das einzige.
Die US-Wirtschaft ist in den letzten Jahren ausgesprochen gut gelaufen. Das Umfeld für Investitionen war sehr gut, seien es Direktinvestitionen durch Unternehmen oder der Kauf von amerikanischen Aktien durch die Anleger. Auch wenn die US-Wirtschaft sich in diesem Jahr abschwächen sollte, bleiben die USA als Anlageland im Vergleich zu Europa attraktiv. Das wird dem Dollar weiterhin helfen. Zudem hat die Einschätzung der zukünftigen Zinspolitik der Fed aus meiner Sicht zu stark geändert. Die Fed wird es ruhiger angehen lassen als in den letzten zwei Jahren und sich stärker an den laufenden Wirtschaftsdaten orientieren. Diese werden gut genug sein, um nach einer Pause im März die Zinsen weiter anzuheben. Ich rechne mit zwei zusätzlichen Zinserhöhungen in diesem Jahr.
Kontra US-Dollar: Inflation und Politik
Gegen den Dollar spricht der langfristige Trend der Kaufkraftparität. Die Inflationsraten sind in den USA in der Regel 1-2% höher als in der Schweiz. Der Dollar sinkt deshalb im Trend gegenüber dem Franken, um die Kaufkraftverlust auszugleichen. Eine weitere Belastung ist der innenpolitische Disput zwischen den Demokraten und Präsident Trump. Die teilweise Schliessung der Verwaltung ist nur ein Vorgeschmack darauf, wie hart dieser Machtkampf in den nächsten zwei Jahren bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen ausgefochten werden wird. Die Auswirkungen dieses Streits auf die Wirtschaft bis hin zu der Gefahr einer Verfassungskrise bei einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegenüber dem Präsidenten können das Vertrauen in den Dollar schmälern und Kapital aus den USA abfliessen lassen.
Die positiven und die negativen Argumente für den Dollar halten sich aktuell die Waage. Deshalb gehe ich davon aus, dass er in den nächsten Monaten zum Franken weiter um die Parität herum handeln wird. (SGKB/mc/ps)