St. Gallen – Der Zerfall der Türkischen Lira hat Befürchtungen geweckt, dass europäische Banken in der Türkei grosse Verluste erleiden könnten. In der Folge ist der Euro zum Franken Mitte August innert kurzer Zeit von 1.15 auf 1.13 gefallen. Im Mai lag der Kurs noch bei 1.20. Obschon sich der Euro mittlerweile auf 1.14 erholt hat, hat der Wind für den Euro gedreht.
Im letzten Jahr war unter den Deviseninvestoren die Euphorie für den Euro gross. Emmanuel Macron versprühte neuen Elan und sprudelte vor Ideen für die Stärkung der EU. Gleichzeitig legte die Wirtschaft in der Eurozone eine unerwartet starke Dynamik an den Tag, was die Phantasie für vorgezogene Zinserhöhungen durch die EZB schürte. Die ungelösten Schuldenprobleme der Euroländer rückten dagegen in den Hintergrund. In der Folge stieg der Kurs des Euro sowohl zum Dollar als auch zum Franken um mehr als 10% an.
Nachlassende Dynamik
In der Zwischenzeit hat die wirtschaftliche Dynamik in der Eurozone nachgelassen und deren Probleme wie die hohe Verschuldung der Südländer und die Schwäche der europäischen Institutionen sind wieder ein Thema. Die neue Regierung in Italien will noch mehr Schulden machen, ohne dass die anderen Euroländer etwas dagegen tun können. Das zeigt, dass die Disziplin und damit auch die wirtschaftliche Stabilität der Eurozone auf dünnem Eis ist und jederzeit einbrechen kann.
Die Gerüchte um die Verluste in der Türkei haben auch in Erinnerung gerufen, dass viele Banken in Europa, vor allem in Italien, aber auch in Spanien und Frankreich, nach wie vor auf einem Berg von schlechten Krediten sitzen und kapitalmässig dünn besetzt sind. Das hat die Stimmung unter den spekulativen Deviseninvestoren gedreht. Diejenigen, die auf einen weiteren starken Anstieg des Euro gewettet haben, bekommen Angst und machen sich davon. Das sieht man unter anderem daran, dass bei den Währungsfutures die Zahl der von den spekulativen Anlegern gehaltenen Kontrakte, die auf einen steigenden Euro wetten, deutlich zurückgegangen ist.
Franken bleibt «sicherer Hafen»
Die Einbrüche des Eurokurses zum Franken von 1.20 auf 1.15 während der Regierungsfindung in Italien und nun von 1.15 auf 1.13 rund um die Turbulenzen in der Türkei waren heftig und gingen sehr schnell vonstatten. Da kommt sofort die Frage auf, ob die SNB wieder mit Deviseninterventionen den Franken schwächt. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass die Nationalbank diesbezüglich aktiv war. Sie wird das Geschehen aber eng verfolgen und versuchen, ja keine Aufwertungseuphorie für den Franken aufkommen zu lassen. Effektiv intervenieren wird sie aber erst auf den Niveaus des letzten Jahres, das heisst, bei einem CHF/EUR-Kurs unter 1.10. Auf der anderen Seite heisst das aber auch, dass höhere Zinsen in der Schweiz vor einer Zinserhöhung der EZB noch unwahrscheinlicher geworden sind als das bisher schon der Fall war.
Die Probleme in Italien und rund um die Türkei haben einmal mehr gezeigt, dass der Franken sofort als sicherer Hafen gesucht wird, wenn in der Eurozone etwas passiert. Die Regierung in Italien bleibt unberechenbar. Obwohl sie vor einer ernsthaften direkten Konfrontation mit den anderen Euroländern und der Drohung mit einem Austritt aus dem Euro zurückschreckt, wird sie immer wieder provozieren. Das ist für den Euro regelmässig eine Belastung. Der Euro-Kurs zum Franken kann sich in den nächsten Wochen noch etwas erholen, wenn es in Italien und der Türkei ruhig bleibt. Spätestens bei der nächsten grösseren Geschichte um Europa oder um die europäischen Banken wird er gegenüber dem Franken aber weiter verlieren, so dass im nächsten Jahr die Marke von 1.10 im CHF/EUR-Kurs wieder erreicht wird. Der Franken hat seinen Mythos als sicherer Hafen nicht verloren. Als Anleger lohnt sich es deshalb, einen hohen Anteil von rund 80% des Portfolios in Franken zu halten. (SGKB/mc/ps)