Die Aktienmärkte sind verhalten in das neue Jahr gestartet, um es mal schön auszudrücken. Nach dem starken Rallye im November und Dezember kommt das nicht überraschend. Der S&P 500 ist in diesen zwei Monaten um satte 17% gestiegen. Beim Swiss Performance Index war der Anstieg bescheidener, aber mit 8% immer noch bemerkenswert. Es sind denn auch die Titel und Sektoren, die zum Jahresende markant zugelegt haben, welche nun am stärksten unter Druck geraten sind.
von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank
Die Erwartungen an die Zinssenkungen der Zentralbanken waren im Dezember übertrieben hoch. Von der Fed wird in diesem Jahr eine Zinssenkung von 1.75% erwartet, von der SNB eine solche von 0.75%. Das hat die Renditen der Obligationen auf Niveaus gedrückt, die nur mit einer starken Rezession erklärt werden können. In den letzten Tagen sind die Kapitalmarktzinsen wieder gestiegen. Die Zinserwartungen werden zurückgeschraubt, was sich negativ auf die Aktien auswirkt.
Unsicherheiten allenthalben
Die Erwartungen an rasch sinkende Zinsen sind immer noch zu hoch. Von dieser Seite wird die Unsicherheit an den Börsen somit anhalten. Von der Inflationsseite kommen auch eher negative Meldungen. Die Inflationsraten steigen wieder, was zu erwarten war. Die Zahlen sind im November zu stark gesunken, getrieben durch tiefe Energiepreise. Dieser Rückgang wird nun korrigiert und weckt neue Ängste. Eine Trendwende hin zu einem neuen Inflationsschub ist jedoch nicht zu erkennen. Hinzu kommen die geopolitischen Unsicherheiten, die mit der Ausweitung der Unruhen im Nahen Osten auf den Libanon, den Iran und auf das Rote Meer sowie mit den anstehenden Wahlen in Taiwan auch nicht beruhigend wirken.
An den fundamentalen Rahmenbedingungen für die Aktienmärkte hat sich jedoch nichts verändert. Die Inflationsraten, gemessen an den Kernraten ohne die nicht kontrollierbaren Energiepriese, sind zwar immer noch hoch, aber die Zeichen der Entspannung mehren sich. Das gibt den Notenbanken den nötigen Spielraum, ihre Geldpolitik in den nächsten Monaten expansiver zu gestalten. Die Fed wird ab dem Sommer damit beginnen, die nicht konjunkturverträglich hohen Zinsen langsam auf ein neutraleres Niveau zu senken. Das gleiche gilt für die EZB, während die SNB noch länger mit Zinssenkungen zuwarten kann.
Gute Einstiegsmöglichkeiten
Die Zinsen in der Schweiz sind im Vergleich zu den USA und der Eurozone tief. Die Zinsdifferenz zu diesen Währungsräumen ist im letzten Jahr deutlich gestiegen. Die SNB muss dadurch nicht sofort auf Zinssenkungen der Fed und der EZB reagieren. Gegen den starken Franken bringen tiefere Zinsen eh nicht viel. Die Zinsen werden überall später und weniger stark sinken als momentan erwartet, aber die Diskussion um Zinssenkungen wird anhalten und sich positiv auf die Aktien auswirken. Langsamer geht es mit den Zinsen auch, weil sich die US-Wirtschaft als robuster erweist als befürchtet. Sie wird zwar schwächer und die Industrie leidet auch in den USA. Von einer Rezession ist Amerika aber weit entfernt. Das wird die Erwartungen für die Gewinne der Unternehmen positiv beeinflussen.
Von den Kursrückgängen an den Aktienmärkten während der ersten Handelstage darf man sich nicht zu stark beeindrucken lassen. Im Gegenteil: Die Aktien verschiedener Firmen aus dem Technologiebereich oder der Industrie sind so stark gefallen, dass sich unerwartet gute Einstiegsmöglichkeiten bieten. (SGKB/mc/pg)