St. Gallen – Die Börsen sind gut ins neue Jahr gestartet. In den ersten Wochen konnten Kursgewinne verzeichnet werden, bevor die nahende Einsetzung von Donald Trump als US-Präsident die Anleger vorsichtiger werden liess. Vor einem Jahr war es anders. Der Swiss Performance Index startete am ersten Handelstag mit einem Verlust von 1.8%. Bis zum Ende der ersten Woche verlor er fast 6% an Wert. Was ist aus den Befürchtungen von damals geworden?
Auslöser des miserablen Starts ins Börsenjahr 2016 waren unglückliche regulatorische Massnahmen an der Börse in China. Diese wurden zwar rasch rückgängig gemacht, der Schaden war jedoch angerichtet. Plötzlich wurde alles Schwarz gesehen. Der chinesi-schen Wirtschaft wurde ein Wachstumsproblem unterstellt, welches den Rest der Welt ins Elend stürzt. Mittlerweile haben sich in China die vorauslaufenden Indikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes PMI erholt und zeigen wieder eine wachsende Indust-rieproduktion an. Das Wachstum im Reich der Mitte hat im vierten Quartal mit 6.8% wieder etwas angezogen, wobei die Zahlen aus China mit Vorsicht zu interpretieren sind. Was geblieben ist, aber von den Märkten nicht mehr als gefährlich angesehen wird, ist der stetige Abfluss von Kapital.
Rohstoffpreise stabilisiert
Die Angst um China hatte den Trend fallender Rohstoffpreise verstärkte. Der Ölpreis war bis auf 26 Dollar pro Fass gesunken. Mittlerweile haben sich die Rohstoffpreise erholt und Öl kostet wieder 50 Dollar pro Fass. Die Opec hat sich auf Förderquoten geeinigt, um das Überangebot an Öl zu stoppen. Deren Einhaltung muss aber noch bewiesen werden. Zudem sind die Lager immer noch randvoll. Nur, das interessiert aktuell niemanden.
Starke US-Wirtschaft
Den USA wurde vor einem Jahr eine Rezession vorhergesagt. Der Fall des ISM-Index für die Industrie unter 50 Punkte und damit eine Schrumpfung der industriellen Produktion hatte die Finanzmärkte erschreckt. Dass die Industrie in den USA im Vergleich zum gut laufenden Dienstleistungssektor eine untergeordnete Rolle spielt, wurde als Nebensäch-lichkeit abgetan. Die Rezession ist wie zu erwarten nicht eingetreten und mittlerweile wird der US-Wirtschaft ein Boom sondergleichen vorhergesagt. Von Donald Trump werden Wunder erwartet, die er nicht einhalten kann. Die US-Wirtschaft braucht diese Wunder auch nicht. Es geht ihr auch so schon gut.
Kaum Inflationsdruck
Als letzter Punkt sei die Deflation erwähnt. Japanische Zustände und ein jahrelanger Kampf gegen deflationäre Tendenzen schien das Los der westlichen Industriestaaten zu sein. Im letzten Sommer hat der Wind gedreht. Die Inflationserwartungen begannen zu steigen. Die protektionistischen Ideen von Trump beflügeln die Inflationsphantasie der Märkte zusätzlich. Es ist positiv, dass die Deflationshysterie verflogen ist. Von einer Inflationsgefahr zu sprechen, ist aber vermessen. Die Inflationserwartungen der Fi-nanzmärkte sind zwar gestiegen, befinden sich historisch gesehen aber immer noch auf einem sehr tiefen Niveau. Zudem ist bei den effektiven Inflationsdaten beim besten Willen kein massiver Inflationsdruck zu erkennen.
Die Börsen gehen zuversichtlich ins 2017. Das ist gut so und auch berechtigt. Vom Paradies für die Aktienmärkte auszugehen, ist aber genauso falsch wie die Untergangsszenarien vor einem Jahr.
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.
St. Galler Kantonalbank AG
Die St.Galler Kantonalbank wurde 1868 gegründet und ist seit 2001 an der Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Kanton St. Gallen hält als Mehrheitsaktionär 54.8% des Aktienkapitals. Als Universalbank bietet sie den Kunden in ihrem Heimmarkt die gesamte Palette von Finanzdienstleistungen an. In Zürich ist sie mit einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Niederlassung präsent. Mit ihrer umfassenden Dienstleistungspalette betreut sie Privatkunden in der Deutschschweiz in allen Fragen der privaten Vermögensplanung und Vermögensverwaltung. Am 31. Dezember 2015 beschäftigte die St.Galler Kantonalbank Gruppe insgesamt 1234 Mitarbeitende und verwaltete Kundenvermögen von CHF 36.2 Milliarden. Das Stammhaus besitzt Staatsgarantie und das Aa1-Rating von Moody’s.