St. Gallen – Dass die Fed an ihrer nächsten Sitzung am 19. Dezember den Zins für die Fed Funds um weitere 0.25% auf 2.25% bis 2.50% anheben wird, gilt an den Finanzmärkten als gegeben. Ob und wie häufig sie im nächsten Jahr die Zinsen weiter erhöhen wird, darüber streiten sich die Beobachter. Die Kursverluste an den Börsen und die Warnungen vor den Auswirkungen des Handelsstreits zwischen den USA und China haben die Zinserwartungen sinken lassen. In den Preisen der Fed Fund-Futures ist im nächsten Jahr nur noch eine zusätzliche Zinserhöhung eingebaut. Zu diesem Stimmungswandel hatte auch Fed-Präsident Powell beigetragen, der auf die Aussicht einer Abkühlung der globalen Nachfrage hinwies.
Ein rasches Ende des seit zwei Jahren eingeschlagenen Weges der regelmässigen Zinserhöhungen ist in der Fed nicht Konsens. Bei der letzten Projektion der Zinsen im September ging das FOMC in seiner Mehrheit noch von drei zusätzlichen Zinserhöhungen im 2019 aus. Damit würde der Fed-Zins auf über 3% steigen. Er würde damit auch über dem «neutralen» Zins von rund 2.75% liegen, welcher die Grenze von einem die Wirtschaft unterstützenden zu einem bremsenden Zinsniveau bedeutet. Der Zustand der US-Wirtschaft lässt diese Annahme als gerechtfertigt erscheinen.
Starkes Wirtschaftswachstum
Die US-Wirtschaft ist im dritten Quartal im Vorjahresvergleich um 3.0% gewachsen. Diese Wert kann nicht über längere Zeit gehalten werden und wurde seit der Finanzkrise nur 2015 übertroffen. Die Prognose der Fed geht für das vierte Quartal von einem anhaltend soliden BIP-Wachstum von 2.5% aus. Die Arbeitslosenrate ist auf dem tiefsten Stand seit 50 Jahren und die Zahl der offenen Stellen mit 7 Millionen auf einem Rekord-stand. Da überrascht es nicht, dass sich der Trend steigender Stundenlöhne beschleunigt. Im Oktober sind die Stundenlöhne mit 3.1% so stark gestiegen wie nie mehr seit 2008. Die Erhöhung der Minimallöhne durch Walmart und Amazon sind deutliche Anzeichen dafür, dass nicht nur die Knappheit an Fachkräften, sondern auch an Mitarbeitern generell zunimmt. Höhere Löhne werden sich über kurz oder lang in höheren Inflationsraten niederschlagen. Um die Inflationsentwicklung unter Kontrolle zu halten, tut die Fed gut daran, rechtzeitig die Zinsen weiter zu erhöhen und die heisslaufende Wirtschaft etwas zu kühlen, ohne sie abwürgen zu müssen.
Fed Fund-Zins Ende 2019 vermutlich im restriktiven Bereich
Nicht beeinflussen lassen wird sich die Fed durch die Forderungen von Präsident Trump nach einem Ende der Zinserhöhungen. Dieser beklagt, dass die Fed den von ihm herbei-geführten Wirtschaftsaufschwung kaputt mache. Die Fed als Institution und die FOMC-Mitglieder mit ihrer Persönlichkeit werden sich alleine auf ihre Einschätzung der Wirtschaft und der Auswirkungen höherer oder tieferer Zinsen auf die Inflation und den Arbeitsmarkt stützen. Sie werden nicht als Gefälligkeit gegenüber dem Präsidenten auf Zinserhöhungen verzichten, wenn sie diese als nötig erachten. Sie werden aber auch nicht aus Trotz die Zinsen weiter anheben, wenn sie zum Schluss kommen, dass eine Pause angesagt ist.
Ich erwarte, dass die Fed auch im nächsten Jahr die Zinsen im Quartalsrhythmus weiter anheben wird. Das bedeutet, dass der Fed Fund-Zins Ende 2019 über 3% und damit im restriktiven Bereich sein wird. Das wird mit der Zeit eine Abschwächung der US-Wirtschaft zur Folge haben. Die schwächeren Wirtschaftsdaten werden sich negativ auf die Aktienmärkte auswirken, wobei ein Teil der für die Anpassung an das tiefere Wachstum nötigen Kursverluste in diesem Jahr schon vorweggenommen wurde. Durch die rechtzeitige Kühlung der Konjunktur wird zudem vermieden, dass die Wirtschaft zuerst überhitzt und dann in eine Rezession fällt. Das Ausmass der Kursverluste an den Börsen dürfte sich daher in Grenzen halten. (SGKB/mc/ps)