St. Gallen – Die Inflationserwartungen steigen seit dem August stetig an. Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten haben sie einen weiteren Sprung nach oben gemacht. Gleichzeitig sinkt der Preis des Goldes, welches als der Schutz vor Inflation par excellence gilt, von 1350 Dollar auf 1190 Dollar pro Unze. Was ist hier falsch, der Mythos des Goldes oder sind es die Finanzmärkte?
Dass Gold gegen den Wertverlust des Papiergeldes schützt, ist tief in der Wahrnehmung vieler Anleger verankert. Vieles hat mit der Entwicklung in den 70er-Jahren zu tun. Nach der Aufhebung des Goldstandards in Bretton-Woods 1973 ist die Inflation auf ungesunde Höhen gestiegen. In den USA betrug sie 1979 fast 15% und auch in der Schweiz stiegen die Preise 1974 um 12% und 1981 noch einmal um 7.5%. Gleichzeitig ist der Goldpreis von 40 Dollar auf fast 700 Dollar gestiegen. Der Ruf des Goldes als Heilmittel gegen den Kaufkraftverlust hat sich tief in das Gedächtnis der Anleger eingebrannt.
Dabei hält dieser Zusammenhang genaueren Betrachtungen nicht stand. Während der Zeit des Goldstandards gab es auch Perioden mit hohen Inflationsraten, beispielsweise in den 50er-Jahren. Während des letzten grossen Inflationsschubes 1990 ist der Goldpreis gar gesunken. Deshalb überrascht es nicht, dass das Gold heute «falsch» reagiert.
Kaum echter Inflationsdruck erkennbar
Dafür gibt es zwei Gründe. Bisher sind nur die aus den Preisen von inflationsgesicherten Anleihen berechneten Inflationserwartungen gestiegen. Dies kann mit effektiv höheren Erwartungen an die zukünftige Inflation zu tun haben. Es kann aber auch damit zu-sammenhängen, dass es auf dem vergleichsweise illiquiden Markt dieser Anleihen zu einem vorübergehenden Ungleichgewicht gekommen ist, als neue Käufer auf einen «trockenen» Markt gestossen sind.
In den effektiven Inflationsraten ist noch wenig von einem Inflationsdruck zu sehen. Zwar steigen einzelne Indikatoren wie die Kerninflation in den USA an, aber immer noch auf einem tiefen Niveau. In Europa und auch in der Schweiz ist von einer möglichen Infla-tionsgefahr überhaupt nichts zu sehen. Das Gold reagiert zudem stark auf höhere Zinsen in den USA und auf einen stärkeren Dollar. Da mit Gold keine Zinsen erwirtschaftet werden können, nehmen die Opportunitätskosten für das gelbe Metall zu, wenn bei den ebenfalls als sicher geltenden US-Treasuries die Renditen steigen.
Es gibt drei Gründe, die den Goldpreis nach oben treiben können
Erstens die Angst vor Inflation, die nicht aus den Köpfen der Anleger zu vertreiben ist. Von einer Inflationsblase sind wir in den Industrieländern trotz den gestiegenen Erwartungen weit entfernt.
Zweitens die Angst vor einer grossen Krise. Es gibt heute zwar viele lokale Krisenherde und Quellen möglicher Unsicherheiten. Für eine grosse weltumfassende Krise, welche die Weltwirtschaft wie 2008/09 in die Rezession stürzen kann, sind aber keine Anzeichen erkennbar.
Das dritte Argument wären sinkende Zinsen. Hier läuft der Trend in die andere Richtung.
Das Potenzial nach oben für den Goldpreis ist somit begrenzt. Reich wird man mit Gold in nächster Zeit nicht.
Das Gold hat in der Vergangenheit aber immer wieder bewiesen, dass es in schlechten Börsenphasen als Gegenmittel zu sinkenden Aktienkursen funktioniert. Das Halten von Gold macht deshalb Sinn, wenn man die Position als «Versicherung» gegen schlechte Zeiten betrachtet. Kurzfristige Schwankungen im Preis spielen dabei keine Rolle und zwischenzeitliche Kursverluste müssen als «Versicherungsprämie» in Kauf genommen werden. (SGKB/mc/ps)