Von Thomas Stucki, CIO St. Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)
St. Gallen – Seit dem letzten Sommer bewegt sich der Euro/Franken-Wechselkurs in einem engen Band zwischen 1.08 und 1.10 seitwärts. Auch in Perioden mit grosser Unsicherheit wie der Grexit-Diskussion im letzten Juli, der Angst um China im Herbst oder den Turbulenzen an den Finanzmärkten zu Beginn des Jahres sank der Euro nur selten unter die Marke von 1.09. Daraus zu schliessen, dass die SNB einen «impliziten» Mindestkurs von 1.09 verfolgt, wäre falsch. Sie ist aber bestrebt, den Euro/Franken-Kurs einigermassen stabil zu halten und auch bereit, dafür direkt am Devisenmarkt zu intervenieren.
Die SNB betont weiterhin, dass der Franken überbewertet sei und sich zukünftig abschwächen wird. Während das Erste gemäss verschiedenen Modellen der Fall ist, kann von Zweitem nicht ausgegangen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die EZB weiterhin ihren expansiven geldpolitischen Kurs fährt und immer wieder neue Versuche startet, den Euro zu schwächen. Die SNB ist deshalb immer wieder gezwungen, am Markt Franken zu verkaufen, um eine Aufwertungsphantasie für den Franken gar nicht erst aufkommen zu lassen. Ich gehe davon aus, dass die SNB seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses dafür ungefähr 10 Milliarden Franken pro Quartal aufwerfen muss.
In der Zange
Neben den Devisenmarktinterventionen, die die SNB geschickt einsetzt, ist die negative Zinsdifferenz zwischen dem Franken und dem Euro das zentrale Element der SNB-Politik. Diese ist im Herbst 2014 fast auf Null gesunken, was die SNB dazu veranlasst hat, ihr Libor-Ziel in zwei Schritten auf -0.75% zu senken. Seither hat sich diese Zinsdifferenz wieder verengt, da die EZB mit dem negativen Einlagesatz für die Banken nachgezogen hat. Mit 0.6% ist die Zinsdifferenz bei den dreimonatigen Geldmarktsätzen aber immer noch komfortabel. Solange die Geldmarktzinsen in der Eurozone nicht deutlich weiter sinken, wovon ich nicht ausgehe, wird die SNB nicht gezwungen sein, den Franken-Libor noch weiter nach unten zu drücken. Es wird ihr im Gegenzug aber auch nicht möglich sein, die Zinsen anzuheben, womit wir bei den negativen Aspekten der aktuellen SNB-Politik wären.
Unabsehbare Folgen der Negativzinsen
Die mehr oder weniger unkontrollierte Aufblähung der SNB-Bilanz geht weiter und die geldpolitische Abhängigkeit der SNB von der EZB ist so stark wie zuvor. Nicht zu unterschätzen sind auch die Verzerrungen in der Wirtschaft durch die Negativzinsen, insbesondere wenn dieser Zustand noch mehrere Jahre anhalten sollte. Bisher haben die meisten Leute diese noch gar nicht realisiert. Dank der Subventionierung der Privatkundenkonti durch die Banken und über den Freibetrag letztendlich durch die SNB werden sie nicht direkt mit den Negativzinsen konfrontiert. Sie erfreuen sich dagegen an den tiefen Kreditzinsen. Dass die Negativzinsen die Altersvorsorge torpedieren, welche auf dem Anlageertrag als dritter Beitragszahler aufgebaut ist, oder zu massiven Fehlallokationen in der Wirtschaft führen, wird erst mit der Zeit sichtbar. Je länger die Negativzinsen Bestand haben, desto grösser werden die Kollateralschäden werden und desto mühsamer wird ihre Korrektur sein.
Was kann die SNB tun?
Die SNB tut deshalb gut daran, nach Auswegen aus diesem schwierigen Zustand zu suchen. Diese sind zugegeben nicht einfach und alle zumindest vorübergehend mit Schmerzen verbunden. Alle beinhalten wahrscheinlich auch eine Aufwertung des Frankens. Die vor der Aufhebung des Euro-Mindestkurses diskutierte Idee eines Crawling-Pegs gegenüber einem Währungskorb, welche eine gesteuerte Aufwertung des Frankens zulässt, dürfte dabei nicht die dümmste sein. (SGKB/mc/ps)