Von Thomas Stucki, CIO St. Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)
St. Gallen – Sie haben über das Wochenende sicher schon genug zum Brexit gelesen und können das Schlagwort nicht mehr hören. Wir wollen Sie daher von einer weiteren Brexit-Abhandlung verschonen und ein Thema behandeln, dass uns am letzten Freitag aufgefallen ist und das für die Schweizer Wirtschaft mindestens so bedeutend ist.
Der Franken verhielt sich zum Euro am Freitag einigermassen stabil, zumindest wenn man es mit den Kursbewegungen anderer Währungen wie dem Pfund oder dem Yen vergleicht. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Euro gegenüber dem Dollar nicht stark unter Druck geraten ist und sich von einem anfänglichen Sturz rasch wieder erholte. Mitgeholfen hat aber auch, dass die Nationalbank von Anfang an im Markt aktiv war und eine starke Aufwertungsphantasie für den Franken im Keim erstickte. Sie hat diese Taktik bereits im letzten Sommer während der Griechenland-Krise angewendet und damit wieder Erfolg gehabt.
Sie SNB handelte …
Die SNB hat keine fixe Untergrenze mit aller Gewalt verteidigt. Es war zwar zu erkennen, dass der Kurs am frühen Morgen während einer gewissen Zeit bei 1.07 gehalten wurde. Als der Druck offensichtlich zu gross wurde, liess sie den Markt aber gewähren und den Kurs auf 1.065 absacken. Ich gehe davon aus, dass sie danach wieder eingriff, was zur Trendwende führte. Nachdem die SNB öffentlich kommunizierte, dass sie tatsächlich mit Interventionen eingreift, wurde der Franken noch einmal schwächer und war im restlichen Verlauf des Tages kein Thema mehr.
Wie viel Geld die SNB bei den Interventionen eingesetzt hatte, weiss ich nicht und lässt sich derzeit auch nicht abschätzen. Erfreulich ist aber, dass sie in der Lage ist, auch in einem aufgeheizten Handelsumfeld den Franken zu steuern. Der Devisenmarkt hat offensichtlich wieder Respekt vor der SNB und sieht es als gefährlich an, gegen sie zu spekulieren. Es ist ein Vorteil, dass die SNB nicht eine definierte Marke verteidigen muss, sondern flexibler auf die aktuelle Situation reagieren kann. Für die Schweizer Wirtschaft ist nicht entscheidend, wo der Franken am Freitag Abend zum Euro lag, sondern wo er sich nach dem Abflauen der Turbulenzen in zwei oder drei Wochen wieder einpendelt.
.. und bleibt aufmerksam
Es ist noch zu früh, um Entwarnung zu geben. Der Franken wird auch in den nächsten Tagen gesucht sein, was die SNB weiter fordern wird. Ihr Hauptinstrument zur Steuerung des Frankens werden gezielte Nadelstiche durch Interventionen im Devisenmarkt sein. Sollte der Druck aber zu gross werden oder über Wochen anhalten, ist eine weitere Zinssenkung nicht auszuschliessen. Die SNB hat noch Spielraum, den Zins um weitere 0.25% oder 0.50% zu drücken. Ein solcher Schritt muss aber zum richtigen Zeitpunkt umgesetzt werden, damit das Signal nicht wirkungslos verpufft. Die SNB wird deshalb sehr vorsichtig mit einem weiteren Zinsschritt umgehen und diesen nur machen, wenn es unbedingt nötig ist.
Für die Schweizer Wirtschaft ist es ein ermutigendes Zeichen, dass die SNB bezüglich des Frankens handlungsfähig bleibt. Solange der Euro zum Dollar nicht deutlich stärker unter Druck gerät, dürfte auch der Franken stabil bleiben. Ich gehe davon aus, dass das Franken/Euro-Band von 1.07 – 1.11, welches während der letzten Monate galt, weiterhin Bestand haben wird. (SGKB/mc/ps)