St. Gallen – Die geldpolitische Lagebeurteilung der Nationalbank am nächsten Donnerstag wird keine Schlagzeilen liefern. Das Direktorium wird rasch feststellen, dass keine Änderung des Libor-Ziels nötig ist. Dann kann es sich dem textlichen Details des Berichts widmen. Dieser dürfte in der Tonalität positiv ausfallen. Der Hinweis auf die Gefahr eines starken Frankens wird jedoch bleiben. Mehr braucht es nicht, denn die Lage hat sich im Vergleich zum März 2017 für die SNB deutlich entspannt. Damals musste die SNB im Vorfeld der Wahlen in Frankreich massiv im Devisenmarkt intervenieren, um eine starke Aufwertung des Frankens zu verhindern. Seither hat sich der Franken zum Euro abgeschwächt. Von der Inflationsseite ist die SNB auch nicht unter Druck. Die Inflation ist in den letzten zwei Jahren zwar um 2% gestiegen. Dieser im internationalen Vergleich starke Anstieg ist jedoch nur eine Korrektur des vorherigen Preisdruckes nach unten durch den starken Franken nach der Aufhebung der Euro-Untergrenze. Mit 0.6% liegt die Inflation im Komfortbereich der SNB und widerspiegelt in ihren Augen die angestrebte Preisstabilität.
Der Franken wird weiterhin im Zentrum der Geldpolitik der SNB stehen. Er ist zum Euro schwächer geworden. Das hat jedoch mehr mit der Stärke des Euro als mit dem Franken zu tun. Gegenüber dem Dollar hat er seit dem Herbst dagegen 5% zugelegt, so dass der für die Wirtschaft entscheidende handelsgewichtete Wert des Frankens weniger stark gesunken ist als dies gefühlsmässig angenommen wird.
Stabiler Franken – im Moment
Solange es an den Finanzmärkten ruhig bleibt, und solange der Euro in der Gunst der Devisenspekulanten hoch gehandelt wird, solange wird der Franken stabil bleiben oder sich sogar noch etwas abschwächen. Die letzten Wochen haben aber gezeigt, dass bei steigender Unsicherheit an den Finanzmärkten der Franken sofort wieder gesucht wird. Die SNB tut gut daran, aufmerksam zu bleiben. Deshalb wird sie auch an der negativen Zinsdifferenz zum Euroraum festhalten und deren Wichtigkeit betonen.
Das bedeutet, dass die SNB die Zinsen in der Schweiz nicht anheben kann, solange die EZB ihrerseits die Zinsen nicht erhöht. Die EZB ist noch weit davon entfernt. Zuerst muss sie ihr Kaufprogramm von Anleihen beenden. Erst dann kann sie damit beginnen, die Märkte auf höhere Zinsen vorzubereiten. Die EZB hat dabei ein Problem, dass die SNB nur zu gut kennt. Sie muss verhindern, dass der Euro zu stark wird. Dieser ist zum Dollar innert weniger Monate 17% teurer geworden. Das geht an der europäischen Exportindustrie nicht spurlos vorbei. Ich erwarte die erste Zinserhöhung der EZB daher erst im Sommer 2019.
Steilere Zinskurve
Ob die SNB gleichzeitig ihre Zinswende einläutet ist offen und wird von der dannzumaligen Situation des Frankens abhängen. Es ist gut möglich, dass sie ein Quartal zuwarten wird, um die Zinsdifferenz zum Euro, die mit 0.4% aktuell deutlich kleiner ist als die 1% bis 1.5% vor der Finanzkrise, grösser werden zu lassen. Ich gehe von einer ersten SNB-Zinserhöhung im Herbst 2019 aus. Bis die Geldmarktzinsen in der Schweiz wieder in den positiven Bereich vorstossen, wird es 2020.
Die Kapitalmarktzinsen warten jedoch nicht so lange. Der Trend zu einer steileren Zinskurve wird weitergehen. Die Renditen der Obligationen nehmen höhere SNB-Zinsen vorweg. Dieser Anstieg wird in Stufen verlaufen. Eine solche Stufe von 0.20% wurde Anfang Jahr genommen. Seither haben sich die Renditen auf dem höheren Niveau wieder stabilisiert. Bis Ende Jahr dürften sie aber um weitere 0.4% ansteigen. (SGKB/mc/ps)