St. Gallen – Die Aktienmärkte sind in Aufruhr und reagieren auf jede wichtige und auch unwichtige Meldung aus dem Hause Trump mit grossen Kursgewinnen oder -verlusten. Seit der durch inzwischen wieder vergessene Inflationsängsten ausgelösten Korrektur von rund 10% Anfang Februar sind die Kursschwankungen anhaltend hoch, auch innerhalb der einzelnen Handelstage. Insgesamt bewegen sich die Kurse in einem breiten Band von rund 4% seitwärts. Tagesschwankungen von mehr als einem Prozent sind dabei die Regel und nicht die Ausnahme. Während die Aktienhändler einem emotionalen Dauerstress ausgesetzt sind, langweilen sich ihre Kollegen aus dem Obligation-, Devisen- und Goldhandel. Ausserhalb der Aktienmärkte werfen die Tweets von Donald Trump kaum Wellen.
Stürmt es an den Börsen, suchen die Anleger Sicherheit. Diese finden sie in den sicheren Staatsanleihen, dem Gold oder auch im Schweizer Franken. Von einer Flucht in diese sicheren Anlagen ist aber nichts zu sehen. Die Renditen der Staatsanleihen sind in den USA und auch in Europa seit Ende Januar zwar gesunken. Das Ausmass ist jedoch bescheiden und vor allem eine Gegenbewegung zum starken Renditeanstieg zu Beginn des Jahres. Verglichen mit dem Jahresanfang ist die Rendite des 10-jährigen US-Treasury Immer noch 0.40% höher. Auch in der Schweiz sind die Zinsen trotz dem Rückgang der letzten Wochen deutlich höher als Ende Dezember. Das gleiche gilt für die Einschätzung des Marktes, was Zinserhöhungen der Fed betrifft. Es zweifelt kaum jemand daran, dass die Fed im Juni den nächsten Schritt nach oben vollziehen wird.
Keine Flucht in sichere Häfen
Das gleiche Bild zeigt sich beim «Krisenbarometer» Gold. Der Goldpreis hat Anfang Jahr auf den damals schwachen Dollar reagiert und ist von 1’240 Dollar auf 1’360 Dollar pro Unze gestiegen. Seither pendelt der Preis in einem Band zwischen 1’320 Dollar und 1’360 Dollar. Von Hektik ist nichts zu spüren. Der Goldpreis reagiert immer noch in erster Linie auf die Zuckungen des Greenbacks. Diese sind bescheiden. Gegenüber dem Franken legt er tendenziell zu, was aber mehr mit einem schwächeren Franken zu tun hat. Dieser hat sich nach dem ersten Schrecken über den Fall der Aktienkurse aufgewertet. Seither bröckelt er ab und befindet sich im Vergleich zum Euro wieder bei 1.18, dem Wert vor der Börsenkorrektur. Von einer Flucht in den sicheren Hafen Franken keine Spur.
Ebenfalls nicht viel zu sehen ist bei Risikoanlagen ausserhalb der Aktienmärkte. Die durchschnittliche Kreditrisikoprämie der High Yield-Obligationen ist in den USA von 3.2% auf 3.5% angestiegen. Das ist ein Klacks, wenn man es mit der Risikoprämie von 5% Ende 2016 oder den 8% während der letzten grösseren Aktienkorrektur zu Beginn des Jahres 2016 vergleicht. Die Anleger gehen offensichtlich nicht davon aus, dass die politischen Turbulenzen zu einer Zunahme der Zahlungsausfälle bei den US-Firmen führen werden. Nachhaltige Schäden für die Wirtschaft werden nicht oder noch nicht erwartet.
Realwirtschaft zählt, nicht Tweets
Das zeigt, worauf die Anleger in den nächsten Wochen achten müssen. Nicht auf die Tweets von Donald Trump und die dadurch ausgelösten Schockwellen an der Wall Street, sondern auf Hinweise darauf, ob sich die Streitereien um Zölle negativ auf die breite Realwirtschaft auswirken. Reduzieren die Unternehmen ihre Investitionen in Maschinen und Personal? Werden die Konsumenten vorsichtiger und kaufen weniger dauerhafte Konsumgüter? Auf Umfragen basierte Indikatoren wie die Konsumentenstimmung oder die Einkaufsmanagerindizes bei den Unternehmen fallen tiefer aus als in den Vormonaten, jedoch auf hohen Niveaus. Die harten Zahlen der Ausgaben und der Investitionen sind nach wie vor gut. Von einer Abschwächung der US-Wirtschaft und der Weltwirtschaft ist noch nichts zu sehen. Das spricht dafür, sich von den aktuellen Turbulenzen an den Aktienmärkten nicht beunruhigen zu lassen. (SGKB/mc/ps)