SGKB investment views: Die Zinsen warten auf neue Impulse

Thomas Stucki

Von Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Im letzten Herbst und zu Beginn dieses Jahres sind in der Schweiz die Kapitalmarktzinsen deutlich angestiegen. Der Zinssatz für 10-jährige Franken-Swaps hat sich in dieser Zeit von 0.20% auf 0.60% erhöht. Das ist kein Zinsschock, aber doch eine spürbare Verschärfung der Finanzierungsbedingungen.

Auslöser waren höhere Inflationserwartungen in den USA aufgrund steigender Erdölpreise und der im Dezember beschlossenen Steuersenkungen. Aufkommende Inflationsbefürchtungen liessen die Rendite des 10-jährigen US-Treasury von 2% auf 3% emporschnellen. Seither ist es bei den Zinsen wieder ruhig geworden. Die Treasury-Rendite kämpft immer noch mit den 3% und der Zins für den Franken-Swap pendelt zwischen 0.40% und 0.50%. Damit die nächste Stufe in der Normalisierung des Zinsumfeldes und damit zu wieder höheren Zinsen erklommen werden kann, braucht es neue Impulse.

Impulse bei den Zinsen werden häufig durch die Erwartungen an die Geldpolitik der Zentralbanken ausgelöst. Dass die Fed Ende September wahrscheinlich ihre Leitzinsen um weitere 0.25% anhebt, wird auf die Zinsen in der Schweiz keinen direkten Einfluss haben. Wichtiger ist das Verhalten der EZB und vor allem der SNB. EZB-Präsident Draghi hat letzte Woche bestätigt, dass mit einer ersten Zinserhöhung in der Eurozone frühestens in einem Jahr zu rechnen ist. Ein vorheriger Alleingang der SNB ist angesichts der wieder aufkommenden Frankenstärke unwahrscheinlich. Ich erwarte die erste Zinserhöhung der SNB deshalb im September 2019. Die Kapitalmarkzinsen werden jedoch nicht auf die erste Zinserhöhung durch die SNB warten. Die Anleger werden den Zeitpunkt von SNB-Zinserhöhungen in ihre Erwartungen einbauen, was die Kapitalmarktzinsen bereits im Vorfeld der tatsächlichen Zinserhöhung ansteigen lässt. Die Zinskurve wird steiler werden. Der September 2019 ist jedoch weit weg, weshalb die Wirkung auf die Zinskurve durch eine Wende in der SNB-Zinspolitik erst im ersten Halbjahr 2019 zum Tragen kommt.

Inflation als Taktgeber
Die zweite Impulsquelle sind steigende Renditen der Obligationen in den USA. Die höheren US-Zinsen schwappen in der Regel in die Schweiz über, wie dies bereits im Sommer 2016 und im Herbst 2017 der Fall war. Der enge US-Arbeitsmarkt erhöht langsam aber doch sicher den Druck auf die Löhne. Der durchschnittliche Stundenlohn ist im August mit 2.9% im Jahresvergleich so stark gestiegen wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Die höheren Löhne schwanken von Monat zu Monat recht stark, weshalb ein einzelner Wert nicht überinterpretiert werden darf. Der Trend zeigt seit diesem Jahr aber nach oben. Höhere Löhne sind neben höheren Rohstoffpreisen ein wichtiger Faktor für steigende Inflationsraten. Auch wenn die US-Teuerung im August etwas tiefer ausgefallen ist als in den Vormonaten, liegt sie mit 2.7% über dem Zielwert der Fed von 2%. Es ist daher gut möglich, dass im Kapitalmarkt die Inflation wieder zum Thema wird. Ein Anstieg der Treasury-Rendite innert kurzer Zeit in Richtung 3.50% wäre die Folge, inklusive dem Überschwappen der Zinsängste auch in der Schweiz.

Saat für den nächsten Zinsschub gelegt
Wann dieser Zinsschub stattfindet, ist schwierig zu prognostizieren. In den nächsten Monaten werden sich die Zinsen noch ruhig verhalten. Bis zum nächsten Sommer werden die beiden Impulse jedoch ihre Wirkung entfaltet haben. Die Anleger müssen dann in der Schweiz mit rund 0.50% höheren Kapitalmarktzinsen als heute und einer deutlich steileren Zinskurve rechnen. (SGKB/mc)

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von 7,5 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

St. Galler Kantonalbank AG
Die St.Galler Kantonalbank wurde 1868 gegründet und ist seit 2001 an der Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Kanton St. Gallen hält als Mehrheitsaktionär 54.8% des Aktienkapitals. Als Universalbank bietet sie den Kunden in ihrem Heimmarkt die gesamte Palette von Finanzdienstleistungen an. In Zürich ist sie mit einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Niederlassung präsent. Mit ihrer umfassenden Dienst-leistungspalette betreut sie Privatkunden in der Deutschschweiz in allen Fragen der privaten Vermögensplanung und Vermögensverwaltung. Am 30. Juni 2018 beschäftigte die St.Galler Kantonalbank Gruppe insgesamt 1231 Mitarbeitende und verwaltete Kun-denvermögen von CHF 43,2 Milliarden. Das Stammhaus besitzt Staatsgarantie und das Aa1-Rating von Moody’s.

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