SGKB Investment views: Die zweite Halbzeit beginnt
Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)
St. Gallen – Die erste Halbzeit im Jahr 2015 ist bereits vorbei. Sie hat wiederum Ereignisse gebracht, die in die Geschichte eingehen werden und die Finanzmärkte bewegten. Aus Schweizer Sicht gilt dies vor allem für die Aufhebung der Euro-Untergrenze durch die Nationalbank. International stand die Griechenland-Frage im Zentrum. Diese nähert sich nun dem Schlusspfiff. Wir wollen die Teepause nutzen und einen Blick auf die zweite Halbzeit werfen.
Die Aktienmärkte tummeln sich im Bereich ihrer Höchststände. Die Bewertungen vieler Aktien haben stolze Niveaus erreicht. Entsprechend vorsichtig muss man bei der Auswahl seiner Titel und vor allem bei der Überwachung des Portfolios sein. Die positiven Argumente für das Halten von Aktien sind aber intakt und rechtfertigen die Investitionen.
Nervöse Aktienmärkte bieten Kaufgelegenheiten
Das gilt auch, wenn die Turbulenzen rund um den wahrscheinlichen Zahlungsausfall Griechenlands und im Vorfeld der ersten Zinserhöhung durch die Fed stärker werden. Die US-Wirtschaft entwickelt sich trotz des schwachen ersten Quartals solide. In Europa mehren sich die Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung. Trotzdem bleiben die Zentralbanken ihrer expansiven Geldpolitik treu und reduzieren die Geldmenge im System nicht. Aufgrund der immer noch sehr tiefen Zinsen in den Industrieländern weichen zudem viele Anleger auf Aktien mit einer hohen Dividendenrendite aus. Wir erwarten deshalb bis zum Jahresende ähnlich grosse Ausschläge bei den Indizes wie in den letzten Monaten, insgesamt aber eine solide Entwicklung bei den Kursen. Grössere Rückschläge, beispielsweise nach einem Zahlungsausfall in Griechenland, sind Kaufgelegenheiten.
Volatile Zinsmärkte
Die Zinsen werden auch im zweiten Halbjahr Sprünge nach oben und nach unten machen. Dies gilt insbesondere für die Periode vor der ersten Zinserhöhung der Fed. Ist diese einmal vollzogen, wird sich das Ganze beruhigen. Wir erwarten in den USA insgesamt höhere Zinsen auch bei den Obligationen. In Europa und in der Schweiz wird sich der weitere Zinsanstieg bis Ende Jahr in Grenzen halten, da die EZB und die SNB an ihrer aktuellen Zinspolitik festhalten werden. Sollte der Franken durch das Chaos in Griechenland massiv aufwerten und zum Euro deutlich unter die Parität fallen, ist gar eine weitere Zinssenkung der SNB möglich.
Politik wichtigster Einflussfaktor auf das Währungsgefüge
Der Vorsprung der US-Wirtschaft im globalen Wirtschaftszyklus und die Aussicht auf eine erste Zinserhöhung in den USA unterstützen vorderhand noch den US-Dollar. Dagegen bleibt der Euro von der expansiven Geldpolitik belastet. Der Franken wird sich gegenüber dem Euro stabil verhalten, solange die Probleme in Griechenland oder in der Ukraine nicht völlig eskalieren und zu einer Flucht in die Sicherheit führen.
Über den Autor
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kunden-mandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.