SGKB Investment views: Die zweite Halbzeit wird mehr Kraft brauchen
St. Gallen – Das erste Halbjahr 2017 war für die Anleger ein Spaziergang. Die Aktienmärkte haben sich ohne grössere Rückschläge auf neue Höchststände gehievt. Die Zinsmärkte haben sich nach dem Zinssprung im letzten Herbst beruhigt. Der Franken blieb dank den Interventionen der SNB einigermassen stabil. Einzig die Anleger in Öl dürften etwas hadern, da der Ölpreis trotz Förderkürzungen der Opec deutlich unter die Marke von 50 Dollar gefallen ist.
Nach den Wahlen in Frankreich sind die politischen Risiken, die an den Finanzmärkten zu Beginn des Jahres als Partykiller hochstilisiert wurden, in sich zusammengefallen. Die deutschen Bundestagswahlen im Herbst gelten nun als Formsache. In Europa spürt man so etwas wie Aufbruchstimmung. Die Achse Frankreich-Deutschland wird wieder be-schworen und der Brexit wird zu einer administrativen Übung reduziert. Das politische Chaos in den USA ermüdet und geht mittlerweile an den Märkten vorbei. Somit rückt das wirtschaftliche Fundament in den Vordergrund.
Wirtschaftlich geht es der Welt gut, so gut wie noch nie seit der Finanzkrise
In den USA geht der wirtschaftliche Aufschwung in das achte Jahr. Die Anzeichen dafür, dass der Höhepunkt im Zyklus näher rückt, mehren sich jedoch. Die Fed wird weiter die Zinsen erhöhen. Das wird die Konjunktur mit der Zeit bremsen, aber noch nicht in diesem und im nächsten Jahr. In der Eurozone nimmt die wirtschaftliche Schlagkraft zu, was sich trotz immer noch hohen Arbeitslosenzahlen langsam aber sicher auch im Arbeitsmarkt bemerkbar macht. Sollte Emmanuel Macron in Frankreich seine Arbeitsmarktreform umsetzen können, hätte das eine starke Symbolwirkung auch auf andere Staaten.
Die EZB wird 2018 nicht darum herumkommen, ihre Geldpolitik anzupassen
Wie wir bei der Fed gesehen haben, muss das für die Finanzmärkte kein negatives Signal sein. Davon wird auch die Schweiz profitieren. Einerseits durch die höhere Nachfrage bei den europäischen Abnehmern unserer Produkte. Gleichzeitig wird der Druck auf den Franken reduziert und die SNB wird in der Lage sein, im Schlepptau der EZB die Zinsen in der Schweiz zu normalisieren. Davon werden wir im zweiten Halbjahr aber noch nichts sehen.
Die Fundamentaldaten sprechen dafür, dass die Anleger auch die zweite Halbzeit des Jahres in Ruhe geniessen können. Wir wissen aber, dass an den Finanzmärkten neben den Fundamentaldaten auch die Psychologie eine wichtige Rolle spielt. Der Optimismus scheint momentan keine Grenzen zu kennen. Dies äussert sich auch an den rekordtiefen Niveaus der Volatilitätsindizes wie dem VIX.
Robustes Fundament hält
In den letzten Wochen haben sich die Warnschüsse gehäuft. Die Tage mit einem grösseren Kursverlust an den Börsen nehmen zu. Negative Meldungen zu einzelnen Sektoren oder Firmen werden wieder mit starken Kursabschlägen quittiert. Als Beispiel seien die Technologieaktien oder die amerikanischen Grossverteiler erwähnt. IPO’s sind nicht mehr eine risikolose Geldmaschine, wie das Beispiel der deutschen Restaurantkette Vapiano zeigt.
Die Psyche der Anleger ist anfälliger geworden. Was heute als «nebensächlich» abgetan wird, wird morgen wieder als Bedrohung empfunden, sei es politisch oder wirtschaftlich. Das zweite Halbjahr wird deshalb wieder mehr Bewegung in die Kurse bringen. Rückschläge von 5% werden wieder vorkommen. Dann wird sich zeigen, wie stark das Fundament ist. Ich gehe davon aus, dass es im zweiten Halbjahr 2017 halten wird. (awp/mc/ps)