St. Gallen – Seit der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten hat der US-Dollar gegenüber dem Franken vier Rappen an Wert zugelegt und die Grenze der Parität spielend durchbrochen. Gegenüber dem Euro wurden die alten Prognosen, wonach die Parität nur eine Frage der Zeit sei, wieder aus der Schublade genommen. Momentan muss für einen Euro 1.06 US-Dollar bezahlt werden. Auch gegenüber dem Yen hat der Greenback zugelegt, so dass er handelsgewichtet den höchsten Stand seit dem Februar erreicht hat. Mit Donald Trump hat der Höhenflug des US-Dollars aber nur am Rande zu tun.
Die Aussicht auf viel Geld für Infrastrukturausgaben hat die Fantasie der Analysten und Investoren auf einen «Push» der US-Wirtschaft beflügelt. Die Wahlversprechen Trumps zur Abschottung der US-Industrie rücken die Inflationserwartungen in den Vordergrund. Letztere lassen die Kapitalmarktzinsen nach oben schnellen und die Dollarbullen träumen. Denn höhere Inflationserwartungen bedeuten in ihrer Argumentation rasche Zinserhöhungen durch die Fed und eine starke Ausweitung der Zinsdifferenz zum Rest der Welt.
Anhaltend steigende Stundenlöhne
Die Inflationserwartungen steigen in den USA aber nicht erst seit der Wahl von Trump an. Vielmehr ist es die Fortsetzung eines Trends, der im August begonnen hat und vor allem mit dem Anstieg der Stundenlöhne begründet ist. Diese steigen mit 2.8% pro Jahr so stark wie seit der Finanzkrise nicht mehr.
Dass die gängigen Indikatoren der Inflationserwartung nach der Wahl Trumps nach oben gesprungen sind, hängt vor allem mit ihrer Berechnung zusammen. Die Inflationserwartung wird durch die Differenz zwischen den Renditen der normalen Anleihen und der Inflation Linked Bonds definiert. Verändert sich die Rendite eines dieser Bonds, aus welchen Gründen auch immer, verändert sich die Inflationserwartung. Dabei ist zu beachten, dass der Markt für Inflation Linked Bonds vergleichsweise illiquide und daher anfällig für erratische Preisbewegungen ist.
Ein Anstieg der Inflation wird im Markt ein Thema bleiben, da sich der US-Arbeitsmarkt in den nächsten Monaten positiv entwickeln wird. Dies wird die Fed aber nicht zu einer hektischen Reaktion verleiten, solange aus den effektiven Inflationsdaten kein markanter Druckanstieg erkennbar ist. Die von der Fed als Inflationsmass favorisierte PCE-Kerninflation ist seit Jahren auf tiefem Niveau äusserst stabil.
Graduelle Zinserhöhung bringen kaum Euphorie für US-Dollar
Die Fed wird im Dezember ihren Leitzins um 0.25% erhöhen. Sie wird aber an ihrer Politik der graduellen und vorsichtigen Normalisierung des Zinsumfelds festhalten. Janet Yellen hat immer wieder betont, dass die Fed bei ihrer Beurteilung nicht nur die US-Binnenwirtschaft, sondern auch die Auswirkungen ihrer Geldpolitik auf den US-Dollar und auf die Schwellenländer berücksichtigt. Im nächsten Jahr werden weitere Zinserhöhungen folgen, jedoch nur in homöopathischen Dosen.
Damit wären wir wieder beim US-Dollar. Die Situation ist vergleichbar mit derjenigen vor einem Jahr, als die Fed ihren Zinserhöhungszyklus begann. Die Erwartungen an weitere Zinserhöhungen waren gross und die Prognosen für den US-Dollar schossen durch die Decke. Die Ernüchterung war jedoch genau so gross, als sich abzeichnete, dass die Fed auf der Bremse stand. Dieses Szenario wird sich wieder abspielen und die aktuelle Euphorie für den US-Dollar kühlen. Der Greenback wird in den nächsten Wochen von der Inflationswelle getragen werden und kann gegenüber dem Franken noch etwas zulegen. Nachhaltig ist das aber nicht, solange die Fed nicht mit raschen Zinserhöhungen mitspielt. Und das wird sie nicht tun. (SGKB/mc/ps)