Von Thomas Stucki, CIO St. Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)
St. Gallen – Griechenland bedroht die Schweiz. Diese Aussage tönt hart und bedarf einer Erklärung. Die chaotischen Vorgänge in Athen und die Gefahr eines völligen Zusammenbruchs der wirtschaftlichen und politischen Strukturen in Griechenland können aber jederzeit zu einem Run auf den Franken führen. Eine zusätzliche starke Aufwertung des Frankens kann die bereits angeschlagene Schweizer Wirtschaft aber nicht gebrauchen. Die Nationalbank ist gefordert, um den Franken einigermassen stabil zu halten. Dabei muss sie nicht nur im technischen Wert, sondern auch in der künstlerischen Ausführung gute Noten erzielen.
Im Kurzprogramm am letzten Montag hat sie den ersten Test mit Bravour bestanden. Mit gezielten Interventionen im Devisenmarkt ist es ihr gelungen, eine mögliche Aufwertungsspekulation im Keime zu ersticken. Die Aufgaben werden für sie nicht einfacher und das ihr zur Verfügung stehende Instrumentarium ist bescheiden.
Beschränkte Wirkung negativer Zinsen
Mit Negativzinsen kann man langfristig eine Währung unattraktiv machen. Wer aber auf einen kurzfristigen Gewinn durch die Aufwertung des Frankens spekuliert, der lässt sich von einem Negativzins von 2-3% pro Jahr nicht abschrecken. Wer befürchten muss, dass er alles verliert, wenn er sein Geld nicht in den «sicheren» Franken investiert, dem sind auch 5% Strafzins pro Jahr egal. Mit einer weiteren Senkung des Libor-Ziels kann die SNB nicht gegen die Ängste der Anleger und die Spekulation auf einen starken Franken antre-ten. Zudem würden die Kollateralschäden der Negativzinsen im Inland verstärkt.
Was bleibt?
Weitergehende Massnahmen wie Kapitalverkehrskontrollen und ähnliches stehen für eine offene und international so vernetzte Volkswirtschaft wie diejenige der Schweiz nicht zur Diskussion. Welche Folgen solche Massnahmen haben, konnte man letzte Woche in Griechenland hautnah mitverfolgen. Dabei spreche ich nicht von den telegenen Schlangen vor den Bancomaten, sondern vom Stillstand des internationalen Handels durch das Kappen der grenzüberschreitenden Zahlungen.
Interventionen im Devisenmarkt
Bleiben somit nur noch die direkten Interventionen im Devisenmarkt. Die SNB ist immer noch in der Lage, punktuell und gezielt den Franken zu schwächen. Dazu muss sie jedoch überraschend intervenieren und einen guten Zeitpunkt erwischen. Dies hat sie am vergangenen Montag gezeigt, als sie die geringe Liquidität des asiatischen Handels genutzt hat, um ein Zeichen zu setzen. Es kann nach wie vor schmerzhaft sein, sich gegen die SNB zu stellen. Die SNB hat aber keine Chance, sich gegen eine grosse Flut von Franken-Käufen zu wehren. Von dieser würde sie überrollt. Es macht deshalb keinen Sinn, eine neue Untergrenze für den Franken gegenüber dem Euro oder gegenüber einem Wäh-rungskorb zu definieren. Spätestens im Januar hat sich gezeigt, dass eine solche Unter-grenze auf Dauer nicht gehalten werden kann, wenn die Macht der Masse an den Finanzmärkten dagegen rollt.
Die SNB ist nicht zu beneiden. Sie kämpft als David gegen Goliath und bewegt sich dabei auf dünnem Eis. Sie muss sich äusserst vorsichtig und umsichtig bewegen, um nicht einzubrechen. Bisher hat sie dies ausgezeichnet und erfolgreich gemacht. Es ist für die Schweiz und die Schweizer Wirtschaft zu hoffen, dass ihr dies auch in Zukunft gelingen wird. (SGKB/mc/ps)