SGKB investment views: Eine Strategische Bitcoin-Reserve macht keinen Sinn

Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

Die Krypto-Industrie hat den Wahlkampf von Donald Trump mit riesigen Millionenbeträgen unterstützt. Von Trump erwartet sie ein kryptofreundliches Umfeld ohne Regulierung. Den ersten Erfolg hat sie bereits erreicht. Der von ihr verhasste Chef der US-Börsenaufsicht Gary Gensler hat seinen Rücktritt angekündigt. Die Krypto-Industrie will von Trump aber mehr als ein Geschäft ohne Fesseln. Sie macht in Washington Druck, dass die USA eine Strategische Bitcoin-Reserve aufbauen soll.

von Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank

Wie die meisten Länder haben auch die Amerikaner verschiedene Strategische Reserven. Diese beinhalten üblicherweise Nahrungsmittel oder andere Güter, die im Krisenfall für die Versorgung der Bevölkerung notwendig sind. In den USA am bekanntesten ist die Strategische Ölreserve. Diese wird von den Präsidenten regelmässig angezapft, wenn der Ölpreis und damit der Benzinpreis stark steigt, was in der Bevölkerung schlecht ankommt. Da Bitcoins weder gegessen noch als Energiequelle genutzt werden können, müssen sie einen anderen strategischen Nutzen bekommen, der die Haltung einer Reserve gerechtfertigt. Die Bitcoin-Reserve soll laut der Krypto-Lobby dafür da sein, die Schulden der USA von aktuell 36’000 Mrd. US-Dollar zu eliminieren. Dazu müssen heute ein paar Milliarden in Bitcoin investiert werden. Der Wertzuwachs des Bitcoins wird es dann in ein paar Jahren erlauben, die Schulden zurückzuzahlen.

Schöne Theorie
Wie vieles bei Donald Trump und seinem Umfeld tönt das auf dem Papier einfach und schmerzlos, scheitert in der Umsetzung aber an den realen Rahmenbedingungen. Nehmen wir mal an, die USA bauen eine solche Reserve im Umfang von 1% der Schulden auf, müssten sie Bitcoin im Wert von 360 Mrd. US-Dollar kaufen. Das ist etwa ein Drittel so viel, wie sie in einem Jahr für die Armee ausgeben oder 5% des Budgets, also machbar. Da es eine Investition und keine Ausgabe ist, belastet es das Budget gegen aussen eh nicht. Zudem wird vorgeschlagen, dass der Aufbau der Bitcoin-Reserve durch die Fed finanziert wird, damit sie für den Staat «gratis» ist.

Die Schwierigkeiten liegen nicht in der Finanzierung, sondern bei den Krypto-Währungen. Gemäss der Webseite coinmarketcap.com beträgt die Börsenkapitalisierung des Bitcoin 1’900 Mrd. US-Dollar und diejenige von Ether 440 Mrd. US-Dollar. Alle anderen Kryptowährungen sind im Kontext eines Aufbaus einer Strategischen Reserve irrelevant, da zu klein. Die USA müssten somit 19% des gesamten Bestandes an Bitcoin aufkaufen. Das würde den Preis massiv in die Höhe treiben und damit auch die Kosten für den Reserve-Aufbau.

Fallstricke der Umsetzung
Dann geht es nur noch darum zu warten, bis der Kurs des Bitcoins auf das nötige Niveau gestiegen ist, damit die Schulden getilgt werden können. Auf der Basis eines Einstiegs zu 100’000 US-Dollar pro Bitcoin ist dafür ein Preis von 10 Mio. US-Dollar nötig. Sollten die US-Schulden in der Zwischenzeit weiter steigen, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Fall sein wird, wäre es etwas mehr. Die grösste Herausforderung ist jedoch, dass die Halter der US-Treasuries die Rückzahlung nicht alle in Bitcoins wollen, sondern klassische US-Dollar verlangen. Schon nur die Ankündigung, dass die USA einen Teil ihrer Strategischen Bitcoin-Reserve auflösen wird, würde den Kurs des Bitcoins und aller anderen Kryptowährungen implodieren lassen.

Eine Strategische Bitcoin-Reserve macht für die USA kein Sinn, weder in der Notwendigkeit für den Schutz der Bevölkerung noch in der Umsetzung. Darum geht es der Krypto-Industrie auch nicht. Die US-Bevölkerung und die Schulden des Staates sind ihnen egal. Es geht nur darum, dass die Spekulation auf die Kryptowährungen angeheizt wird und dadurch der Wert ihrer eigenen Bestände steigt. Damit sind sie recht erfolgreich. (SGKB/mc)

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