St. Gallen – Am nächsten Freitag übernimmt Donald Trump das Szepter im Weissen Haus. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wird er an den Taten und Daten gemessen werden. Er übernimmt wirtschaftlich ein Land, dem es insgesamt gut geht. Es wird deshalb für ihn schwierig werden, seine Versprechen aus dem Wahlkampf zu erfüllen.
Am augenfälligsten wird dies bei der Schaffung neuer Jobs. Barack Obama hat während seiner Regierungszeit netto 10,5 Mio. neue Stellen geschaffen. Dabei musste er zuerst die 5 Mio. Jobs kompensieren, die während seinem ersten Regierungsjahr nach der Finanzkrise verloren gingen. Die Arbeitslosenrate liegt heute mit 4,7% auf einem Stand, der in den USA nahe bei der Vollbeschäftigung eingestuft wird. Wenn die Regierung Trump in den nächsten vier Jahren deutlich mehr als 5 Mio. zusätzliche Stellen schaffen will, stellt sich die Frage, ob ohne grosse Zuwanderung überhaupt genügend Arbeitskräfte mit den nötigen Fähigkeiten gefunden werden, um die zusätzlichen Stellen zu besetzen.
Starker US-Aktienmarkt in acht Obama-Jahren
Der wirtschaftliche Erfolg während der Präsidentschaft Obama zeigt sich auch in den Aktienkursen. Während den acht Obama-Jahren hat der S&P500 um 250% zugelegt, wobei zu berücksichtigen ist, dass er das Amt unmittelbar nach dem Börsencrash im Herbst 2008 übernahm. Der Indexstand ist jedoch auch 45% höher als auf dem Maximum vor der Finanzkrise. Es wird schwierig sein, die Aktienkurse in den nächsten Jahren um weitere 50% anzuheben nachdem der aktuelle Bullenmarkt bereits in sein neuntes Jahr geht. Vielmehr ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es in den nächsten vier Jahren zu einer stärkeren Konsolidierung an den Aktienmärkten kommen wird. Damit sage ich nicht, dass wir einen Crash mit einer Halbierung der Kurse wie 2008 oder nach dem Platzen der Dot-Com-Blase zu Beginn des Jahrtausends erleben werden.
US-Wirtschaft nahe an ihren Kapazitätsgrenzen
Die Nähe zu den Kapazitätsgrenzen äussert sich auch in steigenden Löhnen und langsam aber doch stetig zunehmenden Inflationsraten. Die Fed wird deshalb an ihrer Zinserhöhungspolitik festhalten. Es wird nicht zu abrupten Zinserhöhungen kommen. In zwei Jahren werden die Zinsen in den USA jedoch ein Niveau erreicht haben, das als restriktiv zu bezeichnen ist. Dies ist notwendig, um ein Überhitzen der Wirtschaft und damit zu hohe Inflationsraten zu verhindern. Es wird aber zu einer Abschwächung der Wirtschaft führen, die sich auch in höheren Arbeitslosenraten und in tieferen Börsenkursen bemerkbar machen wird.
Donald Trump wird das Schicksal erleiden, das vor ihm auch andere Präsidenten durchgemacht haben. Er wird sich dem Konjunkturzyklus nicht entziehen können. Wer eine Wirtschaft auf dem Hoch übernimmt, erlebt im Weissen Haus einen wirtschaftlichen Abschwung. (SGKB/mc/ps)