SGKB Investment views: Jerome Powell hat seine Feuerprobe bestanden
St. Gallen – Der neue Fed-Präsident Jerome Powell hat letzte Woche erstmals die Geldpolitik der Fed vor dem US-Kongress dargelegt. Wie erwartet hat er sich mehrheitlich an die Tonalität seiner Vorgängerin Janet Yellen gehalten. Die US-Wirtschaft wächst solide, die Inflation ist zwar noch tief, wird aber bis Ende Jahr in den Zielbereich der Fed von 2% steigen. Dies erlaubt die Fortsetzung des Wegs der graduellen Zinserhöhungen, den die Fed bereits im letzten Jahr eingeschlagen hatte. Jerome Powell legte einen überzeugenden Auftritt hin und beantwortete die Fragen der Politiker kompetent und ruhig. Obwohl Powell kein Überhitzen der US-Konjunktur erwartet und keinen steigenden Lohndruck sieht, hat der positive Grundton seiner Äusserungen die Spekulation angeheizt, ob die Fed statt der von vielen Marktteilnehmern erwarteten drei Zinserhöhungen in diesem Jahr deren vier machen wird.
Unbestritten ist, dass die Fed am 21. März die Zinsen um 0.25% auf 1.50% bis 1.75% anheben wird. Was im weiteren Jahresverlauf passieren wird, ist dagegen offen. Das erwartete Wachstum der US-Wirtschaft von rund 3% und die bereits tiefe Arbeitslosenrate von 4.1% sprechen dafür, dass die US-Wirtschaft vier Zinserhöhungen verkraften kann und vier Zinserhöhungen angebracht sind.
Zunehmend Engpässe
Die zunehmenden Engpässe im Arbeitsmarkt werden mit der Zeit zu einem höheren Lohndruck führen. Um das angestrebte «Soft Landing», d.h. das sanfte Vermeiden einer sich überhitzenden Konjunktur, zu erreichen, darf die Fed nicht zu lange zuwarten, bis die Zinsen auf ein inflationsneutrales Niveau von knapp drei Prozent steigen. Kommt hinzu, dass das im Dezember beschlossene Steuerpaket der US-Konjunktur zumindest kurzfristig einen zusätzlichen Schub verleihen wird. Da dieser aktuell eigentlich nicht nötig wäre, muss die Fed diesen mit einer restriktiveren Geldpolitik neutralisieren.
Aber kein klarer Inflationstrend
Aus Inflationssicht hat die Fed dagegen keinen Grund, die Zinsen rasch weiter anzuheben. Der Lohndruck ist im Vergleicht zu früheren Wirtschaftszyklen immer noch sehr tief. Statt der üblichen 3.5% bis 4.0% steigen die Stundenlöhne trotz der tiefen Arbeitslosenrate und der hohen Zahl offener Stellen gegenüber dem Vorjahr lediglich um knapp 3%. Bei den Konsumentenpreisen ist ebenfalls kein klarer Trend nach oben zu erkennen. Die von der Fed für die Messung des Inflationsdruckes favorisierte PCE-Kernrate ist bei 1.5% stabil und bewegt sich seit fünf Jahren in einem engen Band seitwärts. Um die Inflation auf das gewünschte Niveau von 2% anzuheben, ist eine anhaltend expansive Geldpolitik gefragt. Das spricht für nur drei oder gar nur zwei Zinserhöhungen in diesem Jahr.
Verlässlichkeit der Fed
Die Unbekannte ist, wie die Fed unter Jerome Powell auf mögliche Turbulenzen an den Finanzmärkten reagieren wird. Janet Yellen hat 2016 gezögert, die Zinsen weiter anzuheben, als die Aktienmärkte nach dem Einbruch der Rohstoffpreise und dem Aktien-crash in China auch in den USA unter Druck kamen. Ich erwarte, dass die Fed sich auch unter Powell mit Zinserhöhungen zurückhalten wird, wenn die Turbulenzen an den Börsen stark zunehmen sollten. Stark fallende Aktienkurse haben eine negative Rückkoppelung auf die Realwirtschaft, auf welche die Fed mit einer Zinspause reagieren würde. Die Korrektur von Anfang Februar hatte aber nicht die Auswirkungen, die die Fed zu einer Änderung ihrer Politik veranlassen wird.
Positiv ist, dass die Fed auch unter Jerome Powell eine verlässliche und ruhige Geldpolitik führen wird. Das ist für die Wirtschaft und die Finanzmärkte viel wichtiger als die Frage, ob bis Ende 2018 die Zinsen dreimal oder viermal erhöht wurden. (SGKB/mc/ps)