Seit Anfang Oktober hat der Swiss Performance Index 6% verloren. Der S&P 500 sank in dieser Zeit um 10%. Die Angst vor einer Börsenbaisse greift um sich und verunsichert die Anleger. Dabei sind Rückschläge in dieser Grössenordnung ein normaler Teil des Börsengeschehens und kommen häufiger vor, als man dies in Erinnerung hat. Anfang Februar dieses Jahres verlor der SPI innert zwei Wochen mehr als 9%. 2016 gab es vier Korrekturen von mehr als 6%. Zu Jahresbeginn 2015 verlor der SPI 15% und im restlichen Jahresverlauf noch drei Mal mehr als 6%. Ähnliche Baissephasen machten die Anleger auch 2013 und 2014 durch. Lediglich im letzten Jahr und 2012 blieben die Aktienmärkte von grösseren Rückschlägen verschont.
Die Auslöser dieser Korrekturen sind mannigfaltig. Einmal ist es ein Naturereignis wie der Tsunami in Fukushima, ein anderes Mal ein politisches Ereignis wie die Brexit-Abstimmung oder dann die Angst vor einer Abschwächung der Wirtschaft in China. Meistens ist es eine Kombination verschiedener Risiken, die sinnbildlich das Fass überlaufen lassen. Solche Korrekturen braucht es zwischendurch an den Börsen, damit die Euphorie und die Bewertungen nicht in exzessive Zonen hochschnellen. Nach den Erfahrungen mit der Dot-Com-Blase 2001 und der Subprime-Krise 2008 stellen sich die Anleger jedoch immer wieder die Frage, ob es «nur» eine Korrektur ist oder Beginn eines Börsencrashs.
Ein echter Crash ist wenn …
Damit es zu einem Crash wie 2001 oder 2008 kommt, braucht es Verluste, die das Bankensystem ins Wanken bringen. Probleme bei den Banken übertragen sich sehr schnell auf das gesamte reale Wirtschaftssystem und stürzen dieses innert Kürze in eine tiefe Rezession. Auslöser einer unmittelbar bevorstehenden Bankenkrise sehe ich keine, wenn man von regionalen Bankenproblemen wie in Italien absieht.
Ein zweiter Grund für eine längere und tiefer gehende Börsenbaisse wäre eine Rezession in den grossen Industrieländern. Rezessionsbedingte Bärenmärkte dauern oft mehrere Jahre und lassen die Kurse über die Zeit um 20% bis 30% sinken. Anzeichen für ein Abdriften in eine Rezession sind weder in den USA noch in Europa zu erkennen. Die höheren Zinsen in den USA und die Auswirkungen des Handelsstreits werden das Wachstum in Amerika und in China dämpfen. Das wirkt sich auch negativ auf die Exportländer wie Deutschland oder die Schweiz aus. Aktuell wachsen viele Industrieländer aber mehr als ihr Potenzial hergibt und laufen Gefahr, ihre Konjunktur zu überhitzen. Die Zentralbanken wären dann gezwungen, ihren Zinsen stärker zu erhöhen als dies momentan angedacht ist. Ein leicht schwächeres Wachstum ist im Hinblick auf eine stabile Konjunkturentwicklung daher nicht schlecht und hilft, den Fall in eine Rezession zu verhindern.
Diversifikation, Diversifikation, Diversifikaiton
Börsenkorrekturen sind im Moment ihres Geschehens nicht erfreulich. Sie sind aber eine gute Gelegenheit, sich an die Grundregeln des langfristig erfolgreichen Anlegens zu erinnern. Die wichtigste Regel ist die Diversifikation, das Verteilen des Geldes auf die Aktien verschiedener Unternehmen in verschiedenen Sektoren. Der Kern des Portfolios muss Firmen umfassen, die über ein stabiles Geschäftsmodell verfügen, welches über den Wirtschaftszyklus hinaus einen Mehrwert erzielen kann. Dieser Kern besteht mehrheitlich aus Aktien grösserer Firmen, die auch in schwierigeren Zeiten einen liquiden Handel aufweisen. Aktien kleiner Firmen mit einer mangelhaften Liquidität haben in einem solchen Portfolio auch ihre Berechtigung. Sie sind eine würzige Ergänzung zum stabileren Kern.
Zudem darf man nicht in die Situation geraten, sein Aktienportfolio im schlechten Moment verkaufen zu müssen. Investieren an der Börse auf Kredit ist in Korrekturphasen gefährlich. Wer sein Portfolio nach diesen Regeln zusammengestellt hat, kann Korrekturen an der Börse gut überstehen und sich danach an der Erholung der Kurse erfreuen. Abstrafungen einzelner Aktien ergeben auch immer wieder Gelegenheiten, in gute Firmen zu einem attraktiveren Preis zu investieren. (SGKB/mc)
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von 7,5 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.