St. Gallen – Übers Wochenende wurden 132 Infektionen in Italien bekannt. Daraufhin wurden öffentliche Veranstaltungen wie der Karneval in Venedig abgesagt und ebenfalls Quarantänemassnahmen verhängt. Droht eine Pandemie sowie eine Rezession oder handelt es sich um bei den negativen Auswirkungen des Coronavirus um einen temporären Schock? Die Aktienmärkte haben bisher im Gegensatz zum Ölpreis, der sank, oder den «sicheren Häfen», die gesucht waren, kaum reagiert.
Es ist durchaus möglich, dass der Coronavirus stärkere Auswirkungen hat als aktuell in den Aktienmärkten gespiegelt. Wenn sich seine Verbreitung beschleunigen und die Zahl der Infektionen zunehmen würde, wenn andere Länder immer stärker betroffen wären und Quarantänemassnahmen ergreifen müssten, wären die ökonomischen Auswirkungen tiefgreifend. Es gäbe keine Gegenbewegung im 2. Quartal. Diese Konstellation könnte über Preissteigerungen Auswirkungen auf das Zinsgefüge haben. Aktuell sinken die Zinsen, weil die Anleger Sicherheit suchen. Im Falle einer Inflationsbeschleunigung würden die Zinsen steigen und die Notenbanken kämen in einen Zielkonflikt. Bei steigenden Zinsen und schwächerer Konjunktur wäre ein Bärenmarkt die Folge. Allerdings bräuchte es für einen «Inflationsschock» einen starken und ausdauernden Angebotsengpass. Eine solche Entwicklung erscheint mir aktuell unwahrscheinlich. Ich rechne nicht mit einem Eintreffen des «Worst Case».
Chinas Wirtschaft leidet stark unter Quarantäne
Das Coronavirus wird die Wirtschaft Chinas im 1. Quartal stark belasten. Die chinesische Regierung ist offenbar bereit, diese Wachstumsschwäche hinzunehmen, um eine Ausbreitung zu verhindern. Das macht durchaus Sinn, denn falls es gelingt, eine beschleunigte Ausbreitung zu verhindern, wird Chinas Wirtschaft im zweiten Quartal die Verluste aus dem ersten Quartal aufholen. Ebenfalls hat Chinas Regierung Stimulierungsmassnahmen ergriffen, zum Beispiel die Zölle auf US-Produkte gesenkt. Dies ist allerdings nicht nur eine Folge des Coronavirus, sondern ist auch Bestandteil des Phase-1-Abkommens mit den USA. Die chinesische Notenbank PBoC hat den Markt grosszügig mit Liquidität versorgt und den Banken unter die Arme gegriffen. Diese Massnahmen haben eine beruhigende Signalwirkung auf die Finanzmärkte und stützen gezielt den chinesischen Kreditmarkt und die Binnenkonjunktur.
Führt der Coronavirus zu einer globalen Rezession?
Die Weltwirtschaft wird über Lieferengpässe von den Quarantänemassnahmen betroffen sein, vor allem der Tech- und Pharmasektor. Die Schweiz könnte den Virus in tieferen Exporten spüren, beispielsweise bei den Uhrenexporten, weil Hongkong und China neben den USA zu den drei wichtigsten Abnehmerländern zählen. Diese Bremsspuren werden sich aber erst in den Februar- und Märzzahlen zeitlich verzögert zeigen. Entscheidend ist, wie lange die Quarantäne andauert. Die Dauer entscheidet darüber, wie lange die Geschäfte und Produktionsstätten geschlossen bleiben. Dazu lässt sich aktuell noch nichts Verlässliches sagen. Falls wie erwartet der «Virushöhepunkt» im März oder April erreicht wird, dann wird es im 2. Quartal eine Gegenbewegung geben. Das würde sich die Lage innert kürzester Zeit entspannen. Die Aktienmärkte könnten in den kommenden Wochen zwar etwas zur Schwäche neigen, aber der Virus wird weder eine Rezession noch einen Bärenmarkt auslösen. Im Tiefzinsumfeld bleiben Aktien die beste Wahl. (SGKB/mc/ps)