Meldungen über Cyber-Attacken auf ukrainische Institutionen haben in den letzten Tagen die Angst vor einem Angriff Russlands auf die Ukraine erhöht. Die Schlussfolgerung, dass hinter den Attacken Russland steht, wurde schnell gezogen und ist wahrscheinlich auch nicht so abwegig. Die Aktienmärkte haben mit leichten Kursverlusten reagiert. Richtig durgeschüttelt wurden die russischen Aktien. Diese verloren in den letzten zwei Tagen 8%.
Seit dem Oktober sind sie bereits 23% gesunken, während der MSCI World gleichzeitig 4% zulegte. Die Rendite der russischen Staatsanleihen sind von 8.50% auf 9.50% hochgeschnellt und der Rubel verlor am Donnerstag 3%. Damit beschleunigte er die Talfahrt, der er schon seit Wochen ausgesetzt ist.
Die internationale Anlegergemeinde setzt sich aus Russland ab. Offen ist, ob der russische Präsident Putin seine Drohungen umsetzt und welche Sanktionen des Westens dadurch ausgelöst würden. Sollte es zu einer grösseren militärischen Aktion Russlands kommen, was hoffentlich nicht eintritt, würden die Märkte Russlands und der Rubel noch stärker einbrechen. Und weltweit würden die Aktienmärkte mit Kursverlusten reagieren. Wie hoch diese wären, ist schwierig abzuschätzen. Nach der Brexit-Abstimmung im Juni 2016 verlor der Swiss Performance Index 6% an Wert, erholte sich aber innert einer Woche wieder. Genau gleich war die Entwicklung des SPI nach dem Tsunami in Fukushima 2011. Die Finanzmärkte würden auch bei einer militärischen Eskalation in der Ukraine abschätzen, was die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft sind; und diese sind überschaubar.
Ein ökonomisches Mittelgewicht auf Rohstoffen gebaut
Gemessen an der Wirtschaftsleistung ist Russland nur Mittelmass. In der weltweiten BIP-Rangliste des IMF rangiert Russland an 11. Stelle, hinter Ländern wie Südkorea oder Italien. Das BIP der USA ist 14 mal grösser, dasjenige Deutschlands 2.5 mal. Eine durch westliche Sanktionen ausgelöste Rezession in Russland hat auf die Weltwirtschaft einen marginalen Einfluss. Wichtig ist Russland als Exporteur von Rohstoffen, allen voran Erdöl und Erdgas. Diese machen zusammen rund die Hälfte der russischen Exporte aus. Russland ist mit einer täglichen Fördermenge von 10.7 Mio. Fass Erdöl hinter den USA der zweitgrösste Ölproduzent, auf gleicher Höhe wie Saudi Arabien. Ein Boykott von russischem Öl würde den Ölpreis zumindest kurzfristig nach oben treiben. Das gleiche gilt für Erdgas. Dass die USA versuchen würden, die russischen Energieexporte wie im Fall des Iran gänzlich zu unterbinden, ist jedoch nicht anzunehmen. Auf der anderen Seite ist auch ein Exportboykott Russlands unwahrscheinlich, da das Land auf die Einnahmen aus dem Erdöl und dem Erdgas angewiesen ist.
Kaum Auswirkungen auf Anlagestrategie
Die Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine ist politisch für Europa ein wichtiges Thema, wirtschaftlich aber ein lokales Ereignis. Dementsprechend würden sich die Finanzmärkte nach dem ersten Schock rasch wieder anderen Themen zuwenden. Bei der Gestaltung der Anlagepolitik ist sie ein Risiko, das es zu beachten gilt. Darauf ausrichten sollte man seine Anlagepolitik aber nicht. Sich deshalb im grossen Stil aus den Aktien zu verabschieden, ist nicht angebracht. Die tiefen Preise bei den russischen Aktien als grosse Chance zu betrachten und jetzt in Russland einzusteigen, wäre aber sehr wagemutig. (SGKB/mc)