SGKB investment views: Stimmung schlecht, Börse gut
Der Risikoradar, den wir im Rahmen unseres monatlichen Anlageprozesses führen, ist gut gefüllt. Politische Risiken, soweit das Auge reicht. Warnungen vor der unvermeidlichen Rezession aufgrund inverser Zinskurven in verschiedenen Ländern. Das Gespenst der Inflation, das die Zentralbanken immer noch umtreibt. Auf der anderen Seite ist der Chancenradar, den wir auch führen, nicht gerade leer, aber doch dünn bestückt. Da überrascht es nicht, dass viele Investoren vorsichtig sind und starke Rückschläge an den Aktienmärkten befürchten. Ein Blick auf die Performance in diesem Jahr sagt etwas anderes.
von Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank
Der Swiss Performance Index hat 10% zugelegt. Die europäischen Aktienindizes sind 15% höher. Getrieben wurden die Indizes zugegebenermassen von wenigen Titeln, insbesondere aus dem Technologiebereich. Das zeigt sich krass in den USA. Der technologielastige Nasdaq legte 32% zu, während der Dow Jones Industrial praktisch an Ort stecken bleibt.
Es gibt trotz allen Bedenken gute Argumente dafür, dass die Kursgewinne nicht auf Sand gebaut sind. Zuerst einmal liegen der SPI und der S&P 500 immer noch 10% unter ihrem Höchst von Anfang 2022. Einzig die europäischen Aktien befinden in der Nähe ihrer Höchststände. Von allzu dünner Luft zu sprechen ist nicht angebracht.
Abnehmender Inflationsdruck
Der Inflationsdruck ist in den Industrieländern immer noch hoch und die Preiserhöhungen weit verbreitet. Der Trend zeigt jedoch nach unten, auch bei den Kernraten ohne die stark schwankenden Energiepreise. Das gibt den Zentralbanken die Möglichkeit, das Tempo ihrer Zinserhöhungen zu verlangsamen oder wie im Falle der Fed eine Pause einzulegen. Das macht Sinn, da die starken Zinserhöhungen des letzten Jahres erst jetzt ihre bremsende Wirkung auf die Konjunktur richtig entfalten. Das Zinsniveau in den USA, aber auch in der Eurozone, ist zudem schon recht hoch. Ein Ende der Zinserhöhungen ist daher absehbar. Das ändert die Tonalität der Zinsdiskussion. Zinssenkungen rücken in den Fokus, auch wenn solche erst im nächsten Jahr zu erwarten sind.
Die Abschwächung der Wirtschaft, die von den Zentralbanken gewollt und für die Kontrolle über die Inflation auch notwendig ist, ist im Gange. Das zeigt sich vor allem im Industriebereich, während die Dienstleistungen noch vom guten Arbeitsmarkt und den steigenden Einkommen der Haushalte profitieren. Ob die Konjunkturschwäche am Ende in einer Rezession mündet oder nicht, wird die Zeit zeigen. Anzeichen für einen markanten Einbruch der Wirtschaft und damit eine tiefe und schmerzhafte Rezession gibt es aber nicht.
Aktienmärkte blicken in die Zukunft
Die Aktienmärkte schauen in diesem Umfeld bereits voraus auf eine wirtschaftliche Erholung. Wenn sich die Diskussion um eine mögliche Energieknappheit im nächsten Winter nicht wiederholt, stehen die Chancen gut, dass der Konjunkturoptimismus im Herbst Einzug halten wird. Dann werden auch die Gewinnerwartungen an die Unternehmen nach oben drehen.
Die Aktienmärkte haben einen rechten Teil der Kursverluste des letzten Jahres wieder korrigiert. Es wäre vermessen, eine Verdoppelung der Kursgewinne bis Ende Jahr zu erwarten. Die Angst vor einem starken Kurseinbruch teile ich aus den obgenannten Gründen jedoch nicht. Das zeigt sich auch daran, dass sich bei Kursrückgängen rasch wieder Käufer finden lassen. Es lohnt sich deshalb, das Portfolio auf die Zeit nach den Zinserhöhungen auszurichten und in Aktien zu investieren. (SGKB/mc/pg)