SGKB Investment views: Sturm im Wasserglas oder mehr?

Thomas Stucki

Von Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Die politische Stimmung in Washington ist hektisch und turbulent, nicht erst seit der Entlassung des FBI-Chefs, sondern schon seit dem letzten Herbst. Bisher ging das an den Anlegern spurlos vorbei. Am letzten Mittwoch war das plötzlich anders. Die Aktienmärkte in Europa und in den USA verloren 1.5% oder mehr. Die Kurse verschiedener Aktien sanken gar um mehr als 4%. Die Anleger wurden unsanft aus ihren Tagträumen geweckt und die Frage ging um, ob das jetzt der Beginn einer Börsenbaisse sei. Es ist ein Test, ob der Optimismus der Investoren, welcher in den letzten Monaten immer grösser wurde, wirklich so unerschütterlich ist. Bisher hat er den Test bestanden. Am Donnerstag und am Freitag haben sich die Kurse wieder erholt. Ob das mehr als eine technische Erholung war, muss sich weisen.

Politische Vorgänge haben selten einen nachhaltigen Einfluss auf die Börsen. Sie bringen Unsicherheit an die Märkte, was kurzfristig zu grösseren Kursschwankungen führt. Mittel- und längerfristig richtungsweisend sind sie aber nur, wenn sie die Entwicklung der Weltwirtschaft oder zumindest in einem der grossen Wirtschaftsblöcke USA, EU oder China massiv beeinflussen.

Stabile US-Wirtschaft – im Moment  
Dieses Potenzial haben die aktuellen Turbulenzen rund um das Weisse Haus nicht. Sollte es zum Extremereignis einer Absetzung von Präsident Trump kommen, übernimmt sein Vizepräsident das Amt. Diesbezüglich sind die institutionellen Prozesse in den USA gefestigter als in vielen anderen Ländern. Der politische Prozess wird zwar blockiert, die angekündigten Steuersenkungen werden nicht umgesetzt und der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko bleibt eine Anekdote von Donald Trump. Viel wird gesetzgeberisch in Washington sowieso nicht mehr passieren, da die Midterm-Wahlen 2018 sich schon jetzt drohend aufbauen und den Mut der Kongressabgeordneten schmälern. Die US-Wirtschaft mit ihrer stabilen und guten Konjunkturlage wird dies jedoch verkraften können.

Die Gefahr für die Aktienkurse kommt von einer anderen Seite. Die US-Wirtschaft ist im Konjunkturzyklus schon weit fortgeschritten. Die Kapazitätsengpässe, vor allem im Arbeitsmarkt, nehmen zu, was zu einem höheren Inflationsdruck führt. Die Fed wird daher ihren Zinserhöhungszyklus fortsetzen. Aktuell sind die Zinsen und damit die Finanzierungskosten für die Konsumenten und Unternehmen noch tief. In ein bis zwei Jahren werden die Zinsen aber hoch genug sein, um die Wirtschaft zu bremsen.

Zunehmende Hektik an den Aktienbörsen
Zu Beginn einer wirtschaftlichen Boomphase können die Aktienkurse trotz höheren Zinsen weiter steigen. Diese Konstellation sehen wir an den Finanzmärkten seit dem letzten Sommer und sie kann noch anhalten. Wann diese Konstellation kippt und der Abschwung einsetzt, ist in der täglichen Datenflut schwer zu erkennen. Ein guter Hinweis war in der Vergangenheit eine flacher werdende Zinskurve. Dies ist bisher nicht der Fall, auch in den USA nicht. Die Zinsen der verschiedenen Laufzeiten steigen parallel. Der grosse Sturm an den Börsen steht noch nicht unmittelbar bevor.

In den nächsten Wochen wird es an den Börsen dennoch etwas hektischer zugehen als in den äusserst ruhigen Wochen davor. Die Bewertungen vieler Titel sind hoch und die Anleger werden nervöser. Die täglichen Schwankungen der Kurse werden zunehmen. Auf tieferen Niveaus werden sich wieder Käufer finden, da sie in den Wirtschaftsdaten und Unternehmensergebnissen noch Argumente finden, die für Aktien sprechen. Die Gewitterwolken einer US-Konjunktur, die den Höhepunkt des Zyklus überschreitet, bauen sich am Horizont aber langsam auf. (SGKB/mc/ps)

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