St. Gallen – Mitte März hat die amerikanische Zentralbank Fed ihren Leitzins ein weiteres Mal um 0.25% auf nun 0.75%-1.00% erhöht. Angesichts der soliden Wirtschaftslage und der anziehenden Teuerung werden weitere Zinsschritte folgen. Ich gehe davon aus, dass die Fed in diesem Jahr noch zweimal die Zinsen um je 0.25% anheben wird. Mit diesem Vorgehen werden die Finanzmärkte umgehen können. Zum einen ist es keine Überraschung mehr. Zum anderen kann es als Vertrauensbeweis in die US-Konjunktur betrachtet werden. Das Zinsniveau wird auch bei 1.5% immer noch tief sein und die US-Wirtschaft eher fördern als bremsen.
Nachdem sich die Finanzmärkte an die Zinserhöhungen gewöhnt haben, rückt zunehmend die Bilanz der Fed ins Scheinwerferlicht. Diese wurde nach der Finanzkrise durch die verschiedenen Stützungsprogramme von rund 1‘000 Mrd. Dollar auf 4‘500 Mrd. Dollar aufgebläht. Irgendwann wird die Fed die Bilanz reduzieren und der Wirtschaft die zusätzliche Liquidität wieder entziehen müssen. Dies ist der letzte Schritt zur Normalisierung der Geldpolitik. Bisher hat sich Janet Yellen aber noch nicht zu dieser Frage geäussert. Sie hat lediglich angetönt, dass in der Fed darüber gesprochen wird.
Eine Reduktion der Fed-Bilanz steht nicht unmittelbar vor der Tür
Die Fed wird zuerst die Zinsen in den Bereich von 2% bringen und sich damit Spielraum schaffen, bei einem wirtschaftlichen Rückschlag mit Zinssenkungen reagieren zu können. Mit dem Abbau der Liquidität rechne ich somit frühestens im Sommer 2018. Die Fed wird darauf achten, dass sie die Finanzmärkte gut vorbereitet. Analog zur Zinspolitik wird sie betonen, dass sie die Normalisierung der Bilanz graduell und über einen längeren Zeitraum vollziehen wird.
Es ist unwahrscheinlich, dass die Fed im grossen Stil als Verkäufer von Treasuries und Hypothekenpapieren auffallen wird. Vielmehr wird sie auf die Wiederanlage von verfallenden Anleihen verzichten und so das Portfolio über die Zeit abbauen. Dabei kommt ihr zu Hilfe, dass allein 2018 US-Treasuries im Fed-Besitz im Wert von 426 Mrd. Dollar verfallen. Die Mehrheit der von der Fed gehaltenen Staatsanleihen verfällt in den nächsten sechs Jahren.
Vorsicht, wenn die Fed-Bilanzreduktion startet
Dennoch darf der Einfluss der Bilanzreduktion auf die Finanzmärkte nicht unterschätzt werden. Dieser ist vor allem psychologischer Natur. Die Fed ist mit einem Anteil von 15% der grösste Halter von US-Treasuries. Der Treasury-Markt ist jedoch in der Lage, einen grösseren Abbau der Fed-Positionen über einen Zeitraum von ein paar Jahren zu absorbieren.
Gefährlich wird nur der Start des Abbaus. Dabei können die Erfahrungen nach Bernankes Tapering-Rede 2013 herangezogen werden. Die Zinsen sind sprunghaft gestiegen und die Aktienmärkte haben substantiell an Wert verloren. Die Vorbereitung der Märkte auf die Reduktion der Bilanz wird deshalb entscheidend sein. Ist die Aktion «Bilanzreduktion» dann einmal angelaufen, werden sich die Finanzmärkte rasch daran gewöhnen und gar nicht realisieren, dass die Liquidität im US-Wirtschaftssystem abnimmt. (SGKB/mc)
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kunden-mandaten und Anlagefonds im Umfang von 6,0 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.
St. Galler Kantonalbank AG
Die St.Galler Kantonalbank wurde 1868 gegründet und ist seit 2001 an der Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Kanton St. Gallen hält als Mehrheitsaktionär 54.8% des Aktienkapitals. Als Universalbank bietet sie den Kunden in ihrem Heimmarkt die gesamte Palette von Finanzdienstleistungen an. In Zürich ist sie mit einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Niederlassung präsent. Mit ihrer umfassenden Dienst-leistungspalette betreut sie Privatkunden in der Deutschschweiz in allen Fragen der privaten Vermögensplanung und Vermögensverwaltung. Am 31. Dezember 2016 beschäftigte die St.Galler Kantonal-bank Gruppe insgesamt 1227 Mitarbeitende und verwaltete Kundenvermögen von CHF 38.3 Milliarden. Das Stammhaus besitzt Staatsgarantie und das Aa1-Rating von Moody’s.