SGKB Investment views: Weniger Steuern = Höhere Defizite
St. Gallen – Der US-Senat hat am Freitag sein Steuerpaket geschnürt. Die Differenzen zur Vorlage des Repräsentantenhauses werden in den nächsten Wochen bereinigt werden. Die Republikaner müssen bis Weihnachten das neue Steuergesetz vom Präsidenten unter-schrieben haben, wenn sie das Gesicht nicht verlieren wollen. Aufgrund der tieferen Steuersätze für die Unternehmen werden die Steuereinnahmen deutlich sinken. Gleichzeitig sollen die Militärausgaben drastisch erhöht werden. Kürzungen in anderen Aufgabenbereichen werden auf der anderen Seite schwer umzusetzen sein. Kommt hinzu, dass das Budget für das laufende Haushaltjahr 2017/2018 bis Ende Woche beschlossen werden muss. Sonst droht eine Schliessung der Verwaltung mangels Geld. Die Demokraten werden die Gelegenheit nutzen, um sich politisch wieder ins Rampenlicht zu setzen.
Das ist kurzfristige Sicht der Dinge. Langfristig wichtiger ist, wie stark die Steuersenkungen den Schuldenberg der USA erhöhen werden. Letzte Schätzungen gehen von 1’000 Mrd. US-Dollar über die nächsten zehn Jahre aus. Bei diesen Berechnungen wird davon ausgegangen, dass die tieferen Steuern einen zusätzlichen Anstieg des BIP von 3-5% ermöglichen und dass ein stärkeres Wachstum höhere Steuereinnahmen bringt.
Planspiele
Tatsächlich ist es so, dass das Wirtschaftswachstum ein wichtiger Treiber für die Steuereinnahmen ist. Eine gut laufende Wirtschaft lässt die Steuereinnahmen sprudeln. In der Vergangenheit hat sich bei den Steuersenkungen unter den Präsidenten Reagan und Bush jedoch gezeigt, dass es nicht gelingt, die Steuerausfälle zu kompensieren. Hinzu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass die US-Wirtschaft in den nächsten zehn Jahren in eine Rezession fallen wird. Sollte es gar zu einer grösseren militärischen Eskalation mit Nordkorea oder dem Iran kommen, sind die Schätzungen der Republikaner sowieso Makulatur.
Es ist deshalb müssig, sich darüber zu streiten, ob die Steuersenkungen über zehn Jahre zu einer Schuldenausweitung von 500 Mrd. US-Dollar, 1’000 Mrd. US-Dollar oder 1’500 Mrd. US-Dollar führen. Geradezu lächerlich wird diese Diskussion, wenn man das aktuelle Budgetdefizit vor Augen hat. Dieses betrug im letzten Jahr 585 Mrd. US-Dollar. 2017 wird es auf über 600 Mrd. US-Dollar steigen. Die aktuellen Schätzungen für die nächsten Jahre gehen trotz Wirtschaftsboom von nur leicht tieferen Beträgen aus. Vor der Finanzkrise stieg das Defizit auch in Rezessionsphasen nicht über 300 Mrd. US-Dollar. Zwischen 1998 und 2001 erzielte der US-Haushalt gar Überschüsse.
Folgen für Finanzmärkte
600 Mrd. US-Dollar mehr Schulden bedeuten, dass das Treasury für diesen Betrag zusätzliche Investoren suchen muss. Gleichzeitig plant die Fed ihre Bilanzsumme abzubauen. Wenn das Programm zur Reduktion des Portfolios voll hochgefahren ist, wird die Fed jährlich 300 Mrd. US-Dollar an Treasuries abbauen. Für diesen Betrag müssen ebenfalls neue Investoren gefunden werden. Diese werden sich je länger je weniger mit tiefen Zinsen abspeisen lassen. Höhere Ausgaben für die Zinszahlungen sind die Folge. Man kann es drehen wie man will. Der US-Haushalt ist schon jetzt völlig aus dem Lot geraten. Das Steuergeschenk aus politischen Gründen wird zur Unzeit verteilt. Viel besser wäre es, die Politiker in Washington würden sich Gedanken machen, wie die Explosion der Ausgaben für die staatlichen Sozialprogramme für ältere Leute (Medicare) und Leute mit tiefen Einkommen (Medicaid) gestoppt werden kann.
Die Schuldenquote der USA im Vergleich zum BIP ist mit 83% im internationalen Vergleich noch tief. An der Qualität des US-Treasury als Schuldner wird an den Finanzmärkten nicht gezweifelt. Das kann sich schnell ändern, wenn die Schuldenquote ungebremst in Richtung 100% steigen sollte. (SGKB/mc/pg)
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von 6,0 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.
St. Galler Kantonalbank AG
Die St.Galler Kantonalbank wurde 1868 gegründet und ist seit 2001 an der Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Kanton St. Gallen hält als Mehrheitsaktionär 54.8% des Aktienkapitals. Als Universalbank bietet sie den Kunden in ihrem Heimmarkt die gesamte Palette von Finanzdienstleistungen an. In Zürich ist sie mit einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Niederlassung präsent. Mit ihrer umfassenden Dienstleistungspalette betreut sie Privatkunden in der Deutschschweiz in allen Fragen der privaten Vermögensplanung und Vermögensverwaltung. Am 31. Dezember 2016 beschäftigte die St.Galler Kantonalbank Gruppe insgesamt 1227 Mitarbeitende und verwaltete Kundenvermögen von CHF 38.3 Milliarden. Das Stammhaus besitzt Staatsgarantie und das Aa1-Rating von Moody’s.