Von Thomas Stucki, CIO St. Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)
St. Gallen – Gold ist eine emotionale Anlage. So bewegt der Goldpreis die Gemüter und entsprechend vielfältig sind die Einflussfaktoren, die den Goldpreis bewegen. In den letzten Tagen haben die rationalen Investoren die Überhand gewonnen und dem Goldpreis einen weiteren Schub nach unten von 1‘200 US-Dollar auf unter 1‘100 US-Dollar pro Unze versetzt. Es war nicht der erste Preissturz in den letzten drei Jahren, während denen der Preis einer Unze Gold von 1‘800 US-Dollar auf den aktuellen Stand abgestürzt ist; ein Minus von 40%. Vor dem Hintergrund dieser Goldmisere wird vergessen, dass zu Beginn des letzten Goldrausches 2002 der Goldpreis noch 250 Dollar betrug.
Der aktuelle Preissturz des gelben Metalls wurde durch einen stärkeren US-Dollar und die enttäuschte Hoffnung auf unermessliche Goldkäufe der chinesischen Zentralbank ausgelöst. Als der Preis ins Rutschen kam, haben die Investoren innert weniger Tage über 1.1 Mio. Unzen aus ihren Beständen in Goldfonds auf den Markt geworfen, das sind über 31 Tonnen. Auch wenn der letzte Preisrutsch in seinem Ausmass und vor allem in seiner Schnelligkeit übertrieben war, gibt es kaum Gründe, warum sich der Goldpreis rasch wieder erholen sollte.
Kaum Argumente für eine Erholung des Goldpreises
Die klassischen Argumente, die für das Gold ins Feld geführt werden, greifen derzeit nicht. Gold gilt verbreitet als Schutzschild gegen inflationäre Kaufkraftverluste. Diesen Ruf hat es sich in der Hochinflationsphase der 70er-Jahre erworben, als die Inflation in den USA bis auf 15% gestiegen ist und der Goldpreis sich von 150 Dollar auf über 800 Dollar mehr als verfünffachte. Vergessen wird dabei, dass der Goldpreis genauso schnell wieder zusammenbrach, als die Fed mit einer Anhebung der Leitzinsen auf 20% auf die Hochinflation reagierte. Aktuell sind zumindest in den Industrieländern keine Inflationsschübe in Sicht, welche die Goldfantasie anregen könnten. Auch als krisensichere Anlage ist Gold zurzeit nicht gefragt. Die Gefahr eines Zahlungsausfalls in Griechenland oder der Börsencrash in China haben sich im Goldpreis nicht positiv bemerkbar gemacht. Es gibt auf der Welt viele politisch und wirtschaftlich explosive Minen, aber es fehlt die grosse Gefahr, die überregional negative Auswirkungen haben kann.
Gute Gründe für anhaltend tiefen Goldpreis
Bleiben somit die Argumente, welche gegen das Gold sprechen. Dies ist vor allem der vor der Tür stehende Wechsel in der amerikanischen Geldpolitik hin zu höheren Zinsen. Die Anleger versprechen sich davon einen höheren US-Dollar und ein höherer US-Dollar belastet regelmässig den Goldpreis. Dieser Zusammenhang hat sich in den Köpfen der Investoren festgesetzt, auch wenn er langfristig einer genauen Analyse genau so wenig standhält wie der Inflationsschutz des Goldes. Wichtiger ist das Argument, dass bei höheren Zinsen in den USA amerikanische Treasury Bills als „Sicherheitsanlage“ gegen-über dem zinslosen Gold attraktiver werden und zu Umschichtungen aus dem Gold hinaus animieren.
Gold bleibt die emotionalste aller Anlagen
Prognosen, dass der Goldpreis nun ins Bodenlose fallen wird, sind dennoch mit viel Vorsicht zu beurteilen. Letztendlich ist Gold trotz allem ein ökonomisches Gut, dessen Preis sich durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Fällt der Preis, nimmt das Angebot mit der Zeit ab. Die Produktion in den Minen wird aus Kostengründen gedrosselt und das Recyclen von Goldschmuck wird unattraktiver. Auf der anderen Seite steigt die Nachfra-ge nach physischem Gold, weil Goldschmuck erschwinglicher wird, was vor allem in Asien ins Gewicht fallen kann. Wir gehen deshalb davon aus, dass der Goldpreis sich über 1‘000 Dollar pro Unze stabilisieren wird. Einen grösseren Anstieg des Goldpreises sehen wir aber erst, wenn die Zinserhöhungen in den USA Alltag geworden und aus den Finanzschlagzeilen verschwunden sind. Deshalb ist das Halten von Gold jetzt nur aus emotionalen und nicht aus rationalen Gründen sinnvoll, d.h. lieber Schmuck als Goldbarren. (SGKB/mc/ps)
Über Thomas Stucki
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.
Über St. Galler Kantonalbank AG
Die St.Galler Kantonalbank wurde 1868 gegründet und ist seit 2001 an der Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Kanton St. Gallen hält als Mehrheitsaktionär 54.8% des Aktienkapitals. Als Universalbank bietet sie den Kunden in ihrem Heimmarkt die gesamte Palette von Finanzdienstleistungen an. In Zürich ist sie mit einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Niederlassung präsent. Mit ihrer umfassenden Dienstleistungspalette betreut sie Privatkunden in der Deutschschweiz in allen Fragen der privaten Vermögensplanung und Vermögensverwaltung. Am 31. Dezember 2014 beschäftigte die St.Galler Kantonalbank Gruppe insgesamt 1239 Mitarbeitende und verwaltete Kundenvermögen von CHF 36.9 Milliarden. Das Stammhaus besitzt Staatsgarantie und das Aa1-Rating von Moody’s.