SGKB investment views: Wie lange noch?

Thomas Stucki

von Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Die Devisenreserven der Nationalbank sind bis Ende 2016 auf 645 Mrd. Franken gestiegen. Das sind 70 Mrd. Franken mehr als vor einem Jahr und 120 Mrd. Franken mehr als nach der Aufhebung des Euromindestkurses im Januar 2015. Nur ein Teil dieses Anstiegs ist auf Erträge und Kursgewinne bei den Anlagen, insbesondere bei den Aktien, zurückzuführen. Die SNB war regelmässig gezwungen, mittels Verkäufen von Franken im Devisenmarkt einzugreifen, um eine Aufwertung des Frankens zu verhindern.

Dies war insbesondere im Umfeld der Brexit-Abstimmung und der US-Präsidentenwahl der Fall. Der Anstieg der Bestände verläuft jedoch ziemlich stetig, was auf regelmässige Aktivitäten der SNB im Devisenmarkt hindeutet. Die Devisenreserven der SNB sind aktuell auf der Höhe des jährlichen BIP der Schweizer Wirtschaft. Da stellt sich die Frage, wie lange die SNB diese Währungspolitik noch weiterführen kann.

Theoretisch gibt es für die Höhe der Devisenreserven keine Grenze. Auch mögliche Grossverluste kann die SNB verkraften. Ihre Rückstellungen für solche Verluste sind gut dotiert. Sollten die Verluste die Rückstellungen dennoch übersteigen, kann die SNB anders als eine private Firma auch mit einem negativen Eigenkapital ihre Aufgaben erfüllen, da sie für ihre Ausgaben Franken schaffen kann. Dennoch sind die Schwankungen in den Gewinnen und Verlusten die Achillesferse dieser Politik.

Vertrauen in SNB
Grosse Verluste können das Vertrauen in die SNB und ihre Geldpolitik untergraben. Vertrauen ist für den für Erfolg der Geldpolitik jedoch zentral. Die Grenze bei den Devisenreserven, bei der das Vertrauen auf dem Spiel steht, ist noch nicht erreicht. Die SNB wird somit weiterhin eine Ausdehnung der Devisenbestände in Kauf nehmen. Sie wird diese Politik fortsetzen, solange sie die Ausweitung der Reserven unter Kontrolle hat. Wenn sie das Gefühl bekommt, diese Kontrolle zu verlieren, wird sie zu anderen Mitteln greifen, wie sie das bei der Aufhebung des Euromindestkurses getan hat. Die naheliegende Massnahme in einem solchen Fall wäre eine substantielle weitere Senkung des Libor-Ziels. Davon gehe ich aber nicht aus.

Auswirkungen der Frankenverkäufe
Durch die Frankenverkäufe und der damit verbundenen Erhöhung der Devisenreserven werden die Geldmenge erhöht und die Bilanz der SNB aufgebläht. Die Ausdehnung der Geldmenge ist dabei weniger problematisch. Es ist schon so viel Geld im System, dass das zusätzliche Geld von der Wirtschaft nicht mehr absorbiert wird und daher die Inflationsgefahr nicht zunimmt. Das zusätzliche Geld belastet lediglich die Banken, auf deren Konto bei der SNB es liegen bleibt und deren Rechnung für die Negativzinsen es erhöht. Zudem hat die SNB Möglichkeiten, die Geldmenge im System zu reduzieren, ohne die Devisenreserven abzubauen. Sie kann durch die Ausgabe von Obligationen die überschüssigen Franken «zurückkaufen». Wenn sie eine genügend hohe Rendite bietet, wird sie in der Lage sein, so rasch mehrere Hundert Mrd. Franken dem System zu entziehen.

Problematischer ist die Aufblähung ihrer Bilanz. Sie kann diese nur auf ein vernünftiges Mass verkleinern, wenn sie die Fremdwährungen gegen Franken verkauft. Dies wird im notwendigen Ausmass nicht möglich sein, ohne dass sie im Devisenmarkt eine neue Spekulationswelle auf einen starken Franken auslöst. (SGKB/mc/pg)

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kunden-mandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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