SGKB Investment views: Worte statt Taten bei der Fed
St. Gallen – Am Mittwoch wird die Fed ihre nächste geldpolitische Entscheidung veröffentlichen. Gleichzeitig wird sie ihre Prognosen für die US-Wirtschaft und die Meinung ihrer Mitglieder über den Zinspfad der nächsten Jahre bekanntgeben. Im Vorfeld sind die Erwartungen und Hoffnungen der Finanzmärkte auf tiefere Zinsen hoch. Eine Zinssenkung schon am Mittwoch wäre noch eine Überraschung. Doch bereits Ende Juli muss die Fed «liefern», um die Märkte nicht zu enttäuschen. Bis Ende Jahr werden insgesamt drei Zinssenkungen erwartet. Die Hoffnung auf billiges Geld lässt die Aktienmärkte neue Höchststände erklimmen und die Obligationenrenditen neue Tiefst ausloten. Was kümmern uns die Strafzölle von Präsident Trump, wenn die Fed es schon richten wird?
Der Kommentar der Fed zum Zinsentscheid und die Aussagen und die Mimik von Fed Präsident Powell an der folgenden Pressekonferenz werden von den Finanzmärkten mit Argusausgen verfolgt werden. Ich gehe davon aus, dass er am Mittwoch die Bereitschaft zur Senkung der Zinsen bei einer deutlichen wirtschaftlichen Abschwächung wiederholen wird. Gleichzeitig wird er sich alle Wege offenlassen und die nötige Geduld bei den Zinsentscheiden betonen. Es ist besser, Powell orientiert sich bei seiner Kommunikation an den Orakeln von Alan Greenspan als an den genauen Zeitplänen von Mario Draghi, sonst wird die Fed wie die EZB zur Geisel der Finanzmärkte.
«Soft Landing» für US-Wirtschaft
Die US-Wirtschaft wird nach einem starken Start im Verlaufe des Jahres schwächer werden. Die anhaltenden Handelsstreitigkeiten und die immer wirrer werdenden Strafzölle gegen alles und jeden werden ihre Spuren in der Konjunktur hinterlassen. In diesem Umfeld macht es Sinn, dass die Fed ihre zinspolitischen Möglichkeiten einsetzt, um frühzeitig Gegensteuer zu geben und ein sogenanntes «Soft Landing» anzustreben. Da ein einzelner Zinsschritt nur einen symbolischen Charakter aufweist und auf die Konjunktur kaum Auswirkungen hat, wird die Fed bis im nächsten Frühjahr ihren Leitzins um 0.5% senken. Drei Zinssenkungen sind möglich, aber nicht mein Hauptszenario.
Wie die Aktienmärkte reagieren werden, ist unklar. Ist die Fed in ihren Aussagen zu wenig entgegenkommend, werden die Anleger verschnupft reagieren und die Rezessionspropheten werden sich wieder zeigen. Eine deutliche Korrektur der Kurse wäre die Folge. Sollte die Fed entgegen den Erwartungen schon am Mittwoch die Zinsen senken, wäre das für die Börsen aber auch nicht gut. Die Anleger würden sich beunruhigt fragen, ob die Fed mehr wisse als sie und ob die Situation schlechter sei als bekannt. Für die Aktienmärkte ist es am besten, wenn Powell meinen Vorschlag beachten würde und die Märkte in der hoffnungsvollen Ungewissheit belässt.
Und was können EZB und SNB tun?
Klarer ist das Bild für die Obligationenmärkte, zumindest bei den Staatsanleihen und den Unternehmensanleihen mit einer guten Schuldnerqualität. Dass die Fed ihren Zinserhöhungszyklus beendet hat und der Pfad nach unten zeigt, ist angesichts der weltwirtschaftlichen Entwicklung und der anhaltend tiefen Inflationserwartungen gegeben. Als die Fed diese Annahme im März bestätigte, hat sie damit allen Befürchtungen oder Hoffnungen auf höhere Zinsen in den Industrieländern den Stecker gezogen. Der Druck auf die EZB und auf die SNB, ihre Leitzinsen in absehbarer Frist auch anzuheben, ist weg. Die Kapitalmarktzinsen haben sich sofort nach unten angepasst und die Zinskurven sind wieder so flach geworden wie vor der ersten Zinserhöhung der Fed im 2016. Im Gegensatz zur Fed hat jedoch weder die EZB noch die SNB den Spielraum, die schon heute negativen Zinsen noch weiter zu senken. In der Folge wird an den Zinsmärkten in Europa und in der Schweiz in den nächsten Monaten nicht viel passieren. Wie genau der zeitliche Ablauf der Zinssenkungen in den USA aussieht, spielt dabei keine grosse Rolle. (SGKB/mc/ps)