Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte für das Gesamtjahr 2019 einen Gewinn von rund 50 Milliarden Franken ausweisen. Für das Schlussquartal wird sie wohl aber einen kleinen Verlust vermelden müssen.
Die Ökonomen der Grossbank UBS schätzen für die Periode von Oktober bis Dezember 2019 ein Minus von rund einer Milliarde, wie es in einer am Montag veröffentlichten Studie heisst. Vor allem die Wechselkursentwicklung und die steigenden Zinsen dürften für den kleinen Verlust gesorgt haben. Die (provisorischen) Zahlen der SNB werden am kommenden Donnerstag (9.1.) frühmorgens veröffentlicht.
Im vergangenen Jahr waren die ersten drei Quartale positiv, wobei vor allem das erste Quartal mit einem Gewinn von fast 31 Milliarden Franken eingeschenkt hatte. Aber auch das zweite Quartal (+7,8 Mrd) und das dritte Quartal (+13,0 Mrd.) verliefen aus Sicht der SNB relativ optimal. Der SNB habe im letzten Jahr ein für die Finanzmärkte fast perfektes Umfeld geholfen, schreibt denn auch die UBS.
Zinssenkungen bei Fed und EZB
So habe die politische und konjunkturelle Unsicherheit zu Beginn des Jahres 2019 die US-amerikanische Zentralbank Fed dazu bewogen, zu einer expansiveren Geldpolitik zurückzukehren, und die Europäische Zentralbank (EZB) sei ihr im zweiten Semester gefolgt. Die Folge sei ein deutlicher Zinsrückgang global gewesen, wovon Anleihen- und Aktienmärkte profitiert hätten. Die politische Unsicherheit habe ausserdem zu einem signifikanten Anstieg des Goldpreises geführt. Der «sichere Hafen» Schweizer Franken habe sich gegenüber anderen Währungen jedoch nur gering aufgewertet.
Im Detail sieht das laut den UBS-Zahlen so aus: Der globale Aktienmarkt legte 2019 um 25 Prozent zu, was bei einem Aktienportfolio der SNB von 145 Milliarden zu einem Gewinn von rund 35 Milliarden Franken führte. Die wiederkehrenden Erträge (Couponzahlungen, Dividenden, Negativzinsen) trugen rund 15 Milliarden zum Gewinn bei. Gold stieg derweil um 17 Prozent, was bei 42 Milliarden an Goldreserven zu einem Gewinn von 7 Milliarden führte.
Und der Zinsrückgang bei den Anleihen trug laut der Schätzung mehr als 10 Milliarden zum Gewinn bei. Nur die Aufwertung des Frankens gegenüber Euro und US-Dollar reduzierte das Ergebnis 2019 um 18 Milliarden Franken, was insgesamt zum Jahresergebnis von 50 Milliarden geführt haben dürfte.
Bund und Kantone können somit mit einer Auszahlung von rund 2 Milliarden Franken rechnen. Laut der Gewinnausschüttungsvereinbarung erhalten Bund und Kantone jeweils maximal 2 Milliarden pro Jahr, wenn die Ausschüttungsreserve nach Gewinnverwendung mindestens 20 Milliarden Franken beträgt. Dies wird nach diesen starken Zahlen der Fall sein.
Die fetten Jahre wohl vorbei
Für die nächsten Jahre dürften solch hohe Gewinne allerdings vorbei sein, glaubt man bei der UBS. Die Aktienmärkte stünden auf ihrem Allzeithöchst und die Zinsen in der Nähe ihres Allzeittiefst. Das Renditepotenzial des SNB-Portfolios dürfte daher in den nächsten Jahren deshalb wesentlich tiefer liegen als in der Vergangenheit.
Die UBS-Ökonomen schätzen dieses für die nächsten sieben Jahre auf gut 1 Prozent, das heisst bei Anlagen von 850 Milliarden Franken (inklusive der Goldbestände) auf 8,5 Milliarden pro Jahr. Zusammen mit den Einnahmen aus den Negativzinsen (ca. 1 Mrd.) dürfte das Potenzial knapp unter 10 Milliarden Franken liegen. Insgesamt dürfte das SNB-Portfolio, das zu einem Grossteil aus Anleihen besteht, rund 2 Prozent Rendite in Lokalwährung abwerfen. Eine weitere tendenzielle Aufwertung des Frankens dürfte hingegen die Gesamtrendite um ca. 1 Prozent schmälern.
Die Diskussion um die Gewinnverwendung dürften allerdings auch bei einem reduzierten Gewinnpotential an Dynamik gewinnen, heisst es in der Studie weiter; zum Beispiel, ob die SNB ihre Auszahlung an Bund und Kantone nicht substantiell erhöhen könnte oder ob ihre Gewinne nicht auch für die Finanzierung der Vorsorgewerke beigezogen werden könnten. (awp/mc/ps)
Sichtguthaben steigen im Vergleich zur Vorwoche um 2,3 Mrd
Derweil sind die Sichtguthaben bei der SNB in der vergangenen Woche gestiegen. Die Einlagen von Bund und Banken lagen am 03. Januar bei 586,9 Milliarden Franken nach 584,6 Milliarden in der Woche davor, wie die SNB am Montag mitteilte. Das ist ein Anstieg um rund 2,3 Milliarden Franken. Auf die Giroguthaben inländischer Banken entfielen Ende letzter Woche 502,5 Milliarden Franken.
Die Entwicklung der Sichtguthaben gilt als Indiz dafür, ob die SNB am Devisenmarkt interveniert, um den Franken zu schwächen. Die Zentralbank kauft Fremdwährungen und schreibt den Banken den entsprechenden Franken-Betrag auf deren SNB-Konten gut. (awp/mc/ps)