Schweizer Börse SIX profitiert von Handelsboom wegen Corona
Zürich – Die Börsenbetreiberin SIX haben das Handelsergebnis sowie ein Beteiligungsverkauf einen hohen Gewinn in die Kassen gespült. Mit dem Kauf der spanischen Börse wird das Börsengeschäft nochmals wichtiger und das Management verspricht sich, auch gut daran zu verdienen.
Der Betriebsertrag der SIX Group stieg im ersten Semester 2020 um 13 Prozent auf 624,1 Millionen Franken. Das Halbjahr war von der Covid-19-Krise geprägt und von einer hohen Volatilität an den Märkten. Die SIX Group schrieb am Dienstag in einer Mitteilung von «beispiellosen» Marktturbulenzen.
«Es waren sehr bewegte sechs Monate, Covid-19 hat uns in Atem gehalten», sagte Finanzchef Daniel Schmucki in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AWP zum Halbjahresergebnis. Er sei stolz, dass die Organisation gut und reibungslos funktioniert habe, und die Herausforderungen sehr gut gemeistert worden seien.
Im ersten Quartal sei der höchste Handelsumsatz in der Unternehmensgeschichte verzeichnet worden, hiess es. Allein im März waren es 293 Milliarden Franken, der höchste Wochenumsatz lag bei 90 Milliarden Franken, wie Schmucki sagte.
Beteiligungsverkauf bringt Geld
Unter dem Strich blieb dem Unternehmen ein mehr als fünfmal so hohes Konzernergebnis von 184,2 Millionen Franken – nach 32,4 Millionen im Vorjahreszeitraum. Neben der operativen Leistung habe ein Finanzgewinn mit 103,0 Millionen nach einem Verlust von 28,8 Millionen deutlich dazu beigetragen. Der überwiegende Teil davon sei auf den Verkauf eine Teils des Aktienpakets am Zahlungsverkehrunternehmen Worldline zurückzuführen, sagte Schmucki.
Nach dem Verkauf von 5,5 Prozent an Worldline im April hält die SIX nun gut 16 Prozent an der französischen Gesellschaft. Auf mittlere bis lange Sicht wolle man auch Aktionär von Worldline bleiben, hiess es am Dienstag. Gleichzeitig ist die SIX weiterhin für eine Übernahme von Ingenico. Sollten die beiden französischen Unternehmen wie geplant fusionieren, würde das in Europa grösste und das weltweit viertgrösste Zahlungsverkehrunternehmen entstehen. Die SIX wäre grösster Einzelaktionär der kombinierten Gesellschaft.
Ihr eigenes Payment-Geschäft – der damals umsatzstärkste Bereich – hatte die SIX 2018 an Worldline verkauft und war im Zuge dessen Minderheitsaktionärin mit einem Anteil von 27 Prozent geworden. Begründet wurde dies mit der industriellen Logik der Bezahlbranche, bei der es ums reine Skalengeschäft geht.
Spanische Börse kostet
Das Geld aus dem Verkauf des Aktienpakets brauchte die SIX für den Kauf der spanischen Börse. Mitte Juni übernahm die Schweizer Börse 93 Prozent an der Bolsas y Mercados Espanoles (BME) für 2,7 Milliarden Schweizer Franken. SIX-Konzernchef Jos Dijsselhof ist Ende Juli zum Vorsitzenden des BME-Verwaltungsrats ernannt worden.
Und die Investition scheint sich für die SIX zu lohnen: Künftig wird sie dank der Übernahme mehr Umsatz machen, bei einer deutlich höheren Profitabilität. So rechnet der Konzern 2020 mit einem Ertrag von 1,3 Milliarden Franken nach 1,1 Milliarden im Vorjahr. Die Profitabilität dürfte sich «substantiell» verbessern im Vergleich zu den vergangenen Jahren, hiess es.
In den rund zwei Wochen bis Ende Juni machte der Gewinnbeitrag der BME 15,1 Millionen Franken aus. Erst 2021 wird sich dann die Leistung der spanischen Börse das ganze Jahr in Umsatz und Ergebnis niederschlagen.
Wertpapiergeschäft nimmt an Bedeutung zu
Das Börsengeschäft wird also immer wichtiger. Bereits nach dem Verkauf des Kartengeschäfts hatte das Wertschriftengeschäft an Gewicht gewonnen und in etwa die Hälfte des Umsatzes und des Gewinns der Gruppe ausgemacht. Mittlerweile sind es 53 Prozent Umsatz und 67 Prozent Gewinnbeitrag – und das noch ohne die BME.
Damit fühlt sich Finanzchef Schmucki wohl und sieht auch keine zu hohe Abhängigkeit vom Börsengeschäft. «Securities und Exchanges» sei das Kerngeschäft. Das Datengeschäft (Financial Information) sowie «Banking Services» gingen einher. «Die Themen sind sehr eng verknüpft und miteinander verwoben.» In allen Bereichen will die SIX wachsen.
Die Schweizer Gruppe befindet sich jetzt inmitten der Integration der spanischen Börse. In den kommenden Monaten werde diese ein Schwerpunkt sein, hiess es. Zu den Gerüchten, die SIX biete bereits für den nächsten Handelsplatz – nämlich die Mailänder Börse im Nachbarland, wollte sich CFO Schmucki nicht äussern. Laut Medienberichten sind weitere Interessenten der französische Börsenkonzern Euronext, die italienische Staatsbank CDP sowie die Deutsche Börse.
Die SIX sei jedoch grundsätzlich – im gleichen Ausmass wie in den vergangenen Jahren – offen für Akquisitionen, so Schmucki. (awp/mc/ps)