Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) rückt keinen Millimeter von ihrer expansiven Geldpolitik ab. Dass die Schweiz von den USA neuerdings als Währungsmanipulatorin gebrandmarkt wird, hat daran nichts geändert.
Seit Mittwochnachmittag gilt die Schweiz in Washington offiziell als Währungsmanipulatorin. Ein Hauptgrund dafür sind die Devisenmarktinterventionen der SNB, welche sich im ersten Halbjahr auf immense 90 Milliarden Franken beliefen. Damit wird in den Augen der USA die hiesige Wirtschaft auf unfaire Weise bevorteilt.
Doch die Kritik aus der US-Regierung prallt an der SNB ab, wie sich anlässlich der vierteljährlich stattfindenden geldpolitischen Lagebeurteilung zeigte. Sie hält an ihrer Geldpolitik fest, die sich neben den Negativzinsen – der SNB-Leitzins bleibt bei -0,75 Prozent – auf solche Interventionen stützt.
Franken hoch bewertet
Man werde bei Bedarf weiterhin «verstärkt» am Devisenmarkt intervenieren, sagte SNB-Präsident Thoma Jordan. Denn der Franken sei nach wie vor «hoch bewertet».
Dieser teure Franken erschwert bekanntlich der Exportwirtschaft seit Jahren das Leben. Gleichzeitig beinträchtige nun die Corona-Pandemie die Wirtschaft stark, so Jordan. «Vor diesem schwierigen Hintergrund führen wir unsere expansive Geldpolitik fort.» Das Ziel sei eine Stabilisierung der Wirtschaftsentwicklung.
Die SNB geht davon aus, dass sich die Schweizer Wirtschaft trotz dieser Unterstützung im kommenden Jahr nur allmählich vom Coronaschock erholen wird. Konkret wird für 2021 mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts zwischen 2,5 und 3 Prozent gerechnet. Der Einbruch des laufenden Jahres dürfte damit höchstens knapp aufgeholt werden. Und wegen der zweiten Welle sei auch dies ziemlich ungewiss.
Jordan setzt nun beim Problem mit den USA auf den Dialog. «Wir werden den USA erklären, dass sich die Schweiz mit dem permanent starken Franken in einer speziellen Ausgangslage befindet», sagte er. Zudem will er klar machen, dass die Devisenmarktinterventionen nicht das Ziel verfolgten, «uns einen Wettbewerbs-Vorteil zu verschaffen». Es gehe nur um das Abfedern eines Problems.
Abwarten und Tee trinken?
Laut Jordan erfasst die Kritik der USA die Situation in der Schweiz generell nicht richtig. Dies zeige sich auch am Vorschlag der USA, auf andere Instrumente als die Devisenmarktinterventionen zu setzen. So könne hierzulande nicht via Anleihenmarkt interveniert werden, weil dieser zu wenig liquide sei. Jordan räumte ein, dass der Dialog mit den USA nicht einfach werde.
Laut Ökonomen könnte für Jordan aber die Strategie «Abwarten und Tee trinken» zum Erfolg führen. Denn aktuell müsse die Nationalbank nicht im grossen Stil am Devisenmarkt intervenieren, weil der Druck auf den Franken nachgelassen habe. «Bleibt dies ein halbes Jahr so, dann verschwindet die Schweiz automatisch wieder vom Radar des US-Finanzministeriums», meinen die Experten von Raiffeisen.
Keine Kohle mehr
Gegenüber den USA ist die SNB also zu keinerlei Konzessionen bereit, gegenüber Kritikern im eigenen Land hingegen schon. So kündigte Jordan eine Anpassung der Anlagepolitik an.
Alle Unternehmen, die primär Kohle abbauen, werden aus den Portfolios der SNB ausgeschlossen. Wie gross dieser Anteil heute sei, wollte Jordan aber nicht verraten. Die Anlagepolitik der SNB steht immer wieder in der Kritik, weil sie sich angeblich zu wenig an ethischen Fragen orientiert. (awp/mc/ps)