SNB bekräftigt ultra-expansive Geldpolitik
SNB-Direktionspräsident Philipp Hildebrand.
Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihre ultra-expansive Geldpolitik am Donnerstag anlässlich ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung bekräftigt. Sie will den jüngst festgelegten Mindestkurs zum Euro von 1,20 CHF «mit aller Konsequenz» durchsetzen und zeigt sich entsprechend weiter bereit, «unbeschränkt Devisen zu kaufen». Ausserdem strebt sie weiterhin einen Dreimonats-Libor bei Null an und will die gesamten Sichtguthaben bei der SNB bei deutlich über 200 Mrd CHF belassen. Die SNB-News brachten kaum Neues und waren in dieser Form von den meisten Ökonomen erwartet worden.
Mit diesen Massnahmen stelle sich die SNB der akuten Bedrohung der Schweizer Wirtschaft und dem Risiko einer deflationären Entwicklung entgegen, die von einer massiven Überbewertung des Schweizer Frankens ausgingen, teilten die Währungshüter am Donnerstag mit. Der Franken sei auch bei 1,20 noch hoch bewertet und sollte sich weiter abschwächen. Falls die Wirtschaftsaussichten und die deflationären Risiken es erforderten, werde die Nationalbank auch «weitere Massnahmen ergreifen».
Wachstum der Weltwirtschaft deutlich verlangsamt
Nicht explizit erwähnt hat die Bank das Zins-Zielband für den 3-Monats-Libor-Frankensatz. Dieses hat sie erst Anfang August auf 0 bis 0,25% von vorher 0 bis 0,75% verengt und damals auch angekündigt, dass sie per sofort einen Dreimonatslibor «so nahe bei Null wie möglich» anstrebe. Dieser von der SNB nur indirekt beeinflusste Marktzinssatz ist seither von 0,175% auf zuletzt 0,00667% gefallen. Das Wachstum der Weltwirtschaft hat sich gemäss SNB im Verlauf des zweiten Quartals deutlich verlangsamt, wobei insbesondere die Aussichten für die Industrieländer sich markant eingetrübt hätten. In der Schweiz leide die wirtschaftliche Entwicklung gleichzeitig unter dem starken Franken und der Abschwächung der internationalen Nachfrage.
BIP-Prognose 2011 abgeschwächt
Die SNB geht denn auch davon aus, dass das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte zum Stillstand kommt. Lediglich aufgrund der guten Entwicklung im ersten Halbjahr sei für 2011 mit einem BIP-Zuwachs von 1,5 bis 2% (bisherige Prognose: «rund 2%») zu rechnen. «Ohne die stabilisierende Wirkung des Mindestkurses bestünde erhebliche Rezessionsgefahr», so die Notenbanker. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft bleibe dabei ausserordentlich hoch und die Risiken für das globale Finanzsystem hätten deutlich zugenommen. Schlechtere Wachstumsaussichten und die fiskalischen Probleme der Industrieländer beeinträchtigten weltweit das Vertrauen an den Finanzmärkten, so die SNB.
Inflationsprognose «deutlich nach unten verschoben»
Die (bedingte) Inflationsprognose der SNB hat sich «aufgrund der massiven Aufwertung des Frankens und der verschlechterten Aussichten für die Weltwirtschaft» deutlich nach unten verschoben. Die Prognose für 2011 wurde auf 0,4% (von 0,9%) gesenkt. Die Inflationsprognosen für die beiden Folgejahre wurden gar noch deutlich zurückgenommen: Für 2012 prognostiziert die SNB eine negative Jahresteuerung von -0,3%, noch im Juni wurde ein Wert von +1,0% in Aussicht gestellt. Die Inflationsprognose für das Jahr 2013 wurde auf +0,5% nach zuvor +1,7% gesenkt.
«Non Event»
Ökonomen zeigten sich von den heutigen SNB-News kaum überrascht. «Die SNB hat genau das wiederholt, was sie bereits am 6. September kommuniziert hat», meinte Sarasin-Ökonom Alessandro Bee gegenüber AWP. Sie wolle mit ihrer aggressiven Sprachweise offenbar nochmals signalisieren, dass es ihr ernst sei mit dem Mindestziel. Die CS sieht das ähnlich. «Mit ihrer starken Betonung auf den Risiken will die SNB klar ihre jüngsten Politik-Entscheide bekräftigen», heisst es in einem Kommentar der Grossbank. Auch ZKB-Ökonom David Marmet spricht von einem «Non Event». Am ehesten noch etwas überrascht habe ihn die Inflationsprognose für das Jahr 2013 (+0,5% nach -0,3% 2012). Aufgrund der sehr expansiven Geldpolitik hätte er einen etwas grösseren Anstieg im übernächsten Jahr erwartet. Die BIP-Prognose der SNB für dieses Jahr (1,5-2%) bedeutet laut Marmet nach den Zahlen fürs erste Halbjahr, die bekannt sind, eine Stagnation. Die ZKB selber ist da etwas optimistischer.
Kaum Reaktion an Devisenmärkten
Die SNB hat in ihrer Mitteilung betont, dass sie, falls die Wirtschaftsaussichten und die Deflationsrisiken es erforderten, weitere Massnahmen ergreifen werde. Da die SNB mit dem Mindestkurs für EUR/CHF bereits ihren stärksten Trumpf gespielt hat, nehmen die Ökonomen an, dass die SNB das Mindestziel anheben könnte. «Es ist möglich, dass die SNB das Kursziel auf 1,25 oder 1,30 anhebt, falls sich die Konjunktur weiter abschwächen wird», meinte Bee von Sarasin. Ähnlicher Meinung ist Marmet von der ZKB. Die Reaktion an den Devisenmärkten auf die SNB-News hielt sich in Grenzen. Kurz nach dem Entscheid stieg EUR/CHF von rund 1,2060 bis auf gut 1,2090, unterdessen notiert das Währungspaar wieder unter 1,2070. (awp/mc/upd/ps)